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Im Test: Polestar 1- Mit der Kraft der vier Motoren

Ausfahrt im ersten und bislang einzigen Polestar 1 in Österreich. Der streng limitierte Erstgeborene der schwedischen Elektromarke beeindruckt durch extreme Detailverliebtheit.

Maximales Understatement: 21-Zöller, matte Folierung und goldene Ventildeckel.
Maximales Understatement: 21-Zöller, matte Folierung und goldene Ventildeckel.

Dass ein Testauto das erste und bislang einzige seiner Art in ganz Österreich, gleichzeitig aber fast schon wieder ein Fall fürs Museum ist, stellt ein Unikum dar. Tatsächlich dreht sich bei Polestar, dem exklusiven Elektroauto-Ableger von Volvo mit Sitz in Göteborg und Produktion im chinesischen Chengdu, mittlerweile alles um das neue Modell Polestar 2. Während man dort auf hohe Verkaufszahlen hofft, ist beim ersten Fahrzeug der Marke bald schon wieder Schluss. Spätestens Ende des Jahres, nach maximal 1500 gebauten Exemplaren, wird der Polestar 1 nach nur drei Jahren Bauzeit eingestellt.

Moderner Hybride mit Eigenschaften eines Supersportwagens

Dementsprechend groß ist auch das Aufsehen, für das der matt folierte Schwede in der und um die Stadt Salzburg sorgte. Auf den ersten Blick wirkt der Polestar 1 wie die Mischung aus einem besonders flachen Volvo S90 und dem guten, alten P 1800. Das reduzierte, aber dennoch ungemein potente Design stammt aus der Feder von Thomas Ingenlath, seines Zeichens Chefdesigner bei Volvo und gleichzeitig CEO der Marke Polestar. Quasi als "radikale Version" eines Volvo bekam der Polestar all das mit auf den Weg, was in der Großserie der Schweden bislang nicht machbar war: das Dach komplett aus Glas, die Dachstreben aus Carbon, dazu gigantische 21-Zoll-Alufelgen, die genug Raum lassen für die gelb leuchtenden Sechskolben-Bremsen von Akebono. Einzigartig bei einem Serienfahrzeug sind auch die per Hand einstellbaren Öhlins-Dämpfer. Das kennt man sonst nur aus dem Motorsport, aber schon gar nicht bei modernen Hybriden. Stichwort Hybrid: Auch der Antrieb des Polestar 1 ist alles andere als alltäglich. Den Dreh- und Angelpunkt bildet ein banal anmutender Zweiliter-Benziner, der allerdings gleich doppelt mittels Turbo und Kompressor auf 309 PS aufgeladen wurde. Ein zusätzlicher Startergenerator packt mit weiteren 68 PS ebenfalls an der Vorderachse an, während zwei reine Elektromotoren mit in Summe nochmals 232 PS die Hinterachse im Griff haben. Macht in Summe eine Systemleistung von maximal 609 PS und ein Drehmoment von satten 1000 Newtonmetern. Das klingt verdächtig nach Supersportwagen. Im Vergleich zum brachialen Nackenschlag eines Porsche Taycan entfaltet sich die Beschleunigung des Polestar aber vielmehr wie ein gewaltiger, unaufhaltsamer Tsunami, dessen Power erst bei 250 km/h erschöpft ist. Natürlich fährt der Polestar 1 auf Wunsch auch ganz hervorragend rein elektrisch. Dank des 34 kWh großen Akku-Packs, der im Mitteltunnel sowie vor dem winzigen 134-Liter-Kofferraum verbaut ist, liegt die rein elektrische Reichweite bei 125 Kilometern laut WLTP. Damit ist der Polestar 1 Reichweiten-Rekordhalter unter den Plug-in-Hybriden. Geladen wird mit bis zu 11 kW bei dreiphasigem Wechselstrom bzw. maximal 50 kW am Gleichstrom-Schnelllader.

Extrem sportliche Kurvenlage

Dass sich der kühle Schwede trotz seiner 2,3 Tonnen extrem sportlich bewegen lässt, liegt einerseits an der feinen Machart des Gewindefahrwerks, andererseits am Planetengetriebe, das die Kraft der beiden E-Motoren im Heck zusammenfasst. Dies ermöglicht das sogenannte Torque Vectoring: Das kurvenäußere Rad wird dabei stärker beschleunigt, wodurch der Polestar quasi in die Kurve gedrückt wird.

Herausforderung Elektronikabstimmung

Laut CEO Thomas Ingenlath bestand die größte Herausforderung beim Bau des Polestar 1 in der perfekten Abstimmung der Elektronik, welche die insgesamt vier Motoren unter einen Hut bringen muss. Wenig verwunderlich war deshalb auch der kleine Softwarefehler, der den Polestar einige Minuten lang außer Betrieb setzte. Nach mehrmaligem Neustart folgte allerdings die sofortige Selbstheilung der Elektronik.

Programmiertes Sammlerstück

Fest steht: Wer den Einheitspreis von 159.000 Euro auf der hohen Kante hat, kann das Geld getrost in den Polestar 1 investieren. Denn als programmiertes Sammlerstück wird der Hybride aus dem hohen Norden als Zeitzeuge der beginnenden Elektro-Epoche über die Jahre wohl nicht weniger wert werden. Mutige dürfen spekulieren: Die letzten 20 Exemplare kommen in exklusivem Matt-Gold.

Im Test: Polestar 1

Plug-in-Hybrid-Sportwagen, Vierzylinder mit Turbo- und Kompressoraufladung, drei E-Motoren, max. 448 kW/609 PS, 1000 Nm Drehmoment, Allrad, 8-Stufen-Automatik, Verbrauch komb. 1,3 l, CO2: 30 g/km, im Test 4,7 l, Preis 159.000 Euro, keine Extras.

Was gefällt:
Details wie die goldenen Luftventildeckel und Gurte sowie der freie Blick auf die gelben Batteriekabel im Heck.

Was weniger gefällt:
dass die Produktion Ende dieses Jahres schon wieder eingestellt wird.

Was überrascht:
das einzigartige Zusammenspiel von Hochleistungs-Elektronik und feinster Mechanik.

Perfekt für:
Autosammler mit dem notwendigen finanziellen Background.