SN.AT / Leben / Mobilität

Alles für den Akku: VW plant sechs eigene Batteriezellwerke in Europa

Im Rahmen des ersten Power Days hat der Volkswagen-Konzern seine Roadmap für die Bereiche Batterie und Laden bis 2030 präsentiert. Gleich sechs eigene Zellfabriken mit einer Gesamtkapazität von 240 Gigawattstunden sollen in den kommenden Jahren innerhalb der EU entstehen und so die Abhängigkeit des größten Autoherstellers Europas von asiatischen Zulieferern beenden. Darüber hinaus treibt man auch den Ausbau des öffentlichen Schnellladenetzes voran, zudem sollen 95 Prozent der Rohstoffe aus alten Batterien recycelt werden.

Northvolt erhält Zwölfmilliardenauftrag von Volkswagen.
Northvolt erhält Zwölfmilliardenauftrag von Volkswagen.
Thomas Schmall, VW-Konzernvorstand für den Komponentenbereich und die Zellfertigung.
Thomas Schmall, VW-Konzernvorstand für den Komponentenbereich und die Zellfertigung.

Das Imperium schlägt zurück. Während US-Konkurrent Tesla bereits 2022 die weltweit größte Batteriefertigung in Grünheide nahe der Stadt Berlin in Betrieb nehmen will, weitet nun auch Volkswagen die geplanten Investitionen in die Fertigung von Batteriezellen aus. Gemeinsam mit strategischen Partnern sollen bis zum Jahr 2030 insgesamt sechs Gigafabriken in Europa entstehen.

Abhängigkeit von Asien beenden

Der Energiebedarf des europäischen Automarkts wird bis Ende des Jahrzehnts mit 240 Gigawattstunden kalkuliert. Folgerichtig plant man in Wolfsburg sechs große Standorte für die Batteriezellenproduktion mit jeweils 40 GWh. Die Kosten dafür werden auf zwölf bis 14 Milliarden Euro geschätzt. Langfristig sollen sich diese Investitionen allerdings lohnen - indem man sich unabhängiger von den Lieferungen großer asiatischer Zellkonzerne wie CATL aus China oder LG Energy Solution aus Südkorea macht. Mit dieser Strategie betritt man als Autohersteller überwiegend Neuland. Lediglich der kalifornische Elektropionier Tesla betreibt bis dato eigene Akkuproduktionen. Andere deutsche Hersteller wie BMW oder Daimler betreiben zwar selbst Batteriezellforschung, verlassen sich bei der Produktion allerdings auf Zulieferer.

70 Prozent E-Autos bis 2030

"E-Mobilität ist zu unserem Kerngeschäft geworden", sagte VW-Konzernchef Herbert Diess anlässlich der am Dienstag erstmals veranstalteten Power Days.

Bild: SN/volkswagen ag
Die Elektromobilität hat das Rennen gemacht. Mit keiner anderen Antriebsart lassen sich Emissionen so schnell reduzieren.
Herbert Diess

Während die Konkurrenz gerade damit begonnen hat, ihre ersten elektrifizierten Modelle zu entwickeln, denkt man in Wolfsburg bereits an die zweite Hälfte des Jahrzehnts. So hat die Marke VW den geplanten Elektroanteil aller verkauften Pkw in Europa bis 2030 auf 70 Prozent gesteigert. Bei der Sportwagentochter Porsche sind sogar 80 Prozent geplant.

Einheitszelle um die Hälfte günstiger

Neben der geplanten Eigenfertigung soll vor allem eine neue Einheitszelle erhebliche Kostenvorteile bringen. Diese soll ab 2023 eingeführt werden und bis 2030 in etwa 80 Prozent aller Elektromodelle der Konzernmarken verbaut sein. Bislang gibt es im gesamten Konzern etwa zwei Dutzend unterschiedliche Zellformate, weil die meisten Konzernmarken in der Vergangenheit eigene Entwicklungen betrieben haben. "Unser Ziel ist es, Kosten und Komplexität der Batterie zu senken und gleichzeitig ihre Reichweite und Performance zu steigern", so Thomas Schmall, VW-Konzernvorstand für den Komponentenbereich und die Zellfertigung. Im Einstiegssegment sollen die Kosten für die Batterien um bis zu 50 Prozent sinken, im Volumenssegment um bis zu 30 Prozent. Seltene Rohstoffe wie Kobalt können durch Mangan und Eisenphosphat ersetzt werden, die Recyclingquote soll langfristig auf bis zu 95 Prozent steigen.

Zwei Standorte stehen bereits fest

Mit dem niedersächsischen Salzgitter und Skellefteå in Schweden stehen die beiden ersten Standorte für die Batteriezellenproduktion bereits fest. Bei den schwedischen Partnern von Northvolt bestellt VW in den nächsten zehn Jahren Batteriezellen für knapp zwölf Milliarden Euro. Für die vier anderen Standorte sucht man noch strategische Partner. Eine weitere Fabrik wird voraussichtlich auf der Iberischen Halbinsel oder in Frankreich entstehen. "Wir diskutieren noch mit möglichen Partnern und öffentlichen Stellen", reagiert Thomas Schmall auf Gerüchte, wonach Barcelona als Standort im Gespräch ist, wo auch VW-Konzerntochter Seat ihren Hauptsitz hat.

Barcelona als Batterie-Hub?

Für die vierte Fabrik, die bis zum Jahr 2027 in Osteuropa entstehen soll, kommen laut Schmall Länder wie die Slowakei und Polen infrage. Die Standorte für die fünfte und sechste Fabrik sind derweil noch völlig offen. Da ihre Kapazitäten nach heutigen Berechnungen erst Ende des Jahrzehnts benötigt werden, kann sich VW mit der Suche nach geeigneten Standorten noch Zeit lassen. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh wünscht sich derweil, "dass eine weitere Gigafabrik in Deutschland entsteht". Wegen seiner Küstennähe und des deshalb in großer Menge verfügbaren Windstroms wird VW-intern immer wieder über den Standort Emden spekuliert.

18.000 zusätzliche Ladestationen bis 2025

Doch nicht nur bei der Batterieproduktion, auch beim Laden der Akkus macht Volkswagen Druck. Bis 2025 will das Unternehmen gemeinsam mit Partnern rund 18.000 öffentliche Schnellladepunkte in Europa betreiben. Das entspricht einem Verfünffachen des Schnellladenetzes gegenüber dem aktuellen Stand und rund einem Drittel des für 2025 prognostizierten Gesamtbedarfs. An insgesamt 4000 Tankstellen von BP und Aral sind Schnelllader mit 150 kW Ladeleistung geplant, der Großteil davon in Deutschland und Großbritannien. In Spanien sollen in Kooperation mit Iberdrola vor allem die Hauptverkehrsadern erschlossen werden, in Italien will Volkswagen mit Enel kooperieren.