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Batterietest Aviloo: Gesundheits-Check für den Akku

Der Zustand der Batterie entscheidet maßgeblich über den Restwert gebrauchter Elektroautos. Die Akku-Experten von Aviloo haben für die SN einen sechs Jahre alten Tesla auf Herz und Nieren überprüft.

Der Batterietest schafft Klarheit über den tatsächlichen Zustand der Batteriezellen.
Der Batterietest schafft Klarheit über den tatsächlichen Zustand der Batteriezellen.

Was wurde nicht alles berichtet über explodierende Akku-Packs, unlöschbare Elektroautos und Batterien, deren Leistung binnen kürzester Zeit massiv zurückgeht - ausgerechnet kurz nach Ablauf der herstellerseitigen Garantie. Wolfgang Berger und Nikolaus Mayerhofer kennen alle diese Geschichten. Die wahren, die übertriebenen und auch jene große Mehrheit, die unter das Kapitel Fake News fällt. Als Gründer des Start-up-Unternehmens Aviloo mit Sitz in Wiener Neudorf zählen die beiden zu den führenden Experten des Landes, wenn es um Lithium-Ionen-Akkus geht.

Transparenter und herstellerunabhängiger Batterietest

Die Idee hinter dem Geschäftsmodell von Aviloo ist einleuchtend: Da die Akkus von Elektroautos nicht selten einen Großteil des Fahrzeugwerts ausmachen, können wenige Prozent Leistungsverlust bereits einen Unterschied von mehreren Tausend Euro im Wiederverkaufswert bedeuten. Das Problem: Bis dato kauft man mit einem gebrauchten E-Auto die sprichwörtliche Katze im Sack. Dementsprechend lau ist die Nachfrage, was wiederum viele Neuwagenkäufer davon abhält, auf batterieelektrisch angetriebene Modelle zu wechseln. Wer bleibt schon gern im Unklaren, um welchen Betrag der neue Stromer in fünf oder acht Jahren weiterverkauft werden kann?

Genau hier kommen Berger und Mayerhofer ins Spiel. Gemeinsam mit ihrem 25-köpfigen Mitarbeiterteam haben sie einen völlig transparenten und vor allem herstellerunabhängigen Batterietest entwickelt. Dieser liefert binnen kürzester Zeit Gewissheit darüber, wie es um die Gesundheit jeder einzelnen Batteriezelle eines E-Autos bestellt ist. Die Zielgruppen sind klar definiert: Privatpersonen, die ihren gebrauchten Stromer mit einem offiziellen Zertifikat besser und seriöser verkaufen können, Fachwerkstätten und Autohäuser, die gebrauchte E-Autos vor dem Wiederverkauf testen lassen, sowie Autofahrerclubs, welche den Test wahlweise als Dienstleistung für ihre Mitglieder oder als standardmäßigen Bestandteil eines Ankaufstests anbieten könnten. Selbst Importeure nahmen bereits die Dienstleistungen von Aviloo in Anspruch, um im Rechtsstreit mit Kunden objektiv klären zu lassen, ob ein Produktionsfehler oder etwa der Fahrstil des Kunden am vorzeitigen Akkutod schuld sei.

Wie funktioniert der Batterietest von Aviloo?

Über all das haben die SN bereits im Sommer 2019 erstmalig berichtet, nun war es an der Zeit, den Batterietest von Aviloo in der Praxis auf die Probe zu stellen. Unser "Patient" für diesen Zweck: Ein sechs Jahre altes Tesla Model S 85D mit satten 198.046 Kilometern am Tacho. Das 2015 ausgelieferte Modell bot als Neufahrzeug laut Hersteller eine Reichweite von bis zu 422 Kilometern gemäß des damals gültigen Standards NEFZ. Die entscheidende Frage: Wie viel von der damals nutzbaren Nettoleistung von 77,5 kWh ist heute noch verfügbar? Wie haben sich die bekannten Stressfaktoren - schnelles Aufladen am Supercharger, schnelles Entladen, häufige Temperaturwechsel - auf die Akkugesundheit ausgewirkt?
Um das herauszufinden, schickt uns das Team von Aviloo im Vorfeld unseres Termins per Post die etwa smartphonegroße Aviloo-Box. Die wird in der Folge mit einem Kabel an die Onboard-Diagnoseschnittstelle (OBD) angesteckt, die jedes moderne Auto irgendwo im Innenraum versteckt hat. Die Box schickt die beim Test gesammelten Daten mittels eingebauter SIM-Karte an Aviloo, wo sie in Echtzeit ausgewertet werden. Der Preis für die Diagnose samt Batteriezertifikat: 180 Euro. Die Fahrt von Salzburg-Aigen nach Wiener Neudorf dient demzufolge gleich als offizielle Diagnosefahrt. Vor der Abfahrt wird die mitgelieferte Handy-App gestartet, und es geht los. Die Aufgabe: Die Fahrzeugbatterie vom vollgeladenen Zustand bis möglichst unter fünf Prozent leerzufahren, ohne zwischenzeitlich aufzuladen. Die Krux dabei: Laut dem bordeigenen Navigationssystem reicht die Restreichweite des etwas in die Jahre gekommenen Tesla bei winterlichen Minusgraden keinesfalls aus. Die Lösung ist ein Zwischenstopp in St. Pölten, wo die verbleibenden zwölf Prozent dann wenig nachhaltig, aber der konkreten Sache dienlich durch etwa halbstündiges Kreisen um den lokalen Supercharger weggefahren werden.

State of Health (SoH) entscheidend

Knappe drei Stunden und rund 12,4 Millionen gesammelte Datenpunkte nach dem Start folgt dann im Werkstatt-Office im Industriegebiet von Wiener Neudorf die Stunde der Wahrheit. Mithilfe einer simplen Formel, die auf der Rückseite des Zertifikats nachzulesen ist, wurde der sogenannte State of Health (SoH) der Batterie ermittelt. Dieser beträgt 84 Prozent. Angesichts des Alters und der Kilometerleistung ein recht guter Wert. Wenngleich die Reichweite damals wie heute bekanntlich mehr Schätzung als Tatsachenangabe ist, so ist der SoH-Wert laut Aviloo-CTO Nikolaus Mayerhofer auf plus/minus 2,5 Prozent exakt. "Einem verlängerten Leben als Zweitwagen steht demnach nichts im Weg, ganz im Gegenteil - abhängig vom persönlichen Nutzungsprofil können auch viel ältere Modelle mit Restleistungen von um die 50 Prozent noch lang und ohne Probleme weiterfahren."

Auch kaputte Batteriezellen werden bei der Diagnose erkannt. "Defekte Zellen sind eine tickende Zeitbombe und stellen ein Sicherheitsrisiko dar. Irgendwann würde das Auto keinen Meter mehr fahren", so Mayerhofer.