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Brand aus

Elektroautos brennen bei Unfällen nicht häufiger als konventionelle Pkw. Geraten Lithium-Ionen-Akkus in Brand, braucht es allerdings viel Zeit und Wasser.

Statistisch brennen E-Autos deutlich seltener als Verbrenner. Und im Gegensatz zu Treibstoff lassen sich Akkus mit Wasser löschen.
Statistisch brennen E-Autos deutlich seltener als Verbrenner. Und im Gegensatz zu Treibstoff lassen sich Akkus mit Wasser löschen.

Dass von Elektroautos im Falle eines Unfalls eine bedeutend höhere Brandgefahr ausgeht, ist vermutlich eines der ältesten und gleichzeitig auch hartnäckigsten Vorurteile gegenüber batterieelektrischen Fahrzeugen. Und tatsächlich häufen sich mit der schnell wachsenden Anzahl von alternativ angetriebenen Fahrzeugen gleichzeitig auch die Berichte über lichterloh brennende Autos, deren Hochvolt-Energiespeicher zu lebensgefährlichen Todesfallen werden.

Bild: SN/Kuratorium für Verkehrssicherhe
BEV sind bei Unfallbränden nicht mehr oder weniger gefährlich als Verbrenner.
Armin Kaltenegger, Leiter Eigentumsschutz, KfV

Fakt ist: Trotz eines Booms der Elektromobilität - im Jahr 2021 waren mit rund 213.500 BEV und Hybriden doppelt so viele elektrifizierte Pkw auf Österreichs Straßen unterwegs - unterscheiden sich Elektroautos in Bezug auf ihre Brandgefahr und die Brandauswirkungen kaum von fossil angetriebenen Autos. "Grundsätzlich sind batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge bei sogenannten Unfallbränden nicht mehr oder weniger gefährlich als Autos mit Verbrennungsmotoren, weil sie auch den gleichen Sicherheitsstandards genügen müssen", erklärt Armin Kaltenegger, Leiter des Forschungsbereichs Eigentumsschutz beim Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV). Was allerdings nichts daran ändert, dass sie von der Bevölkerung als besonders gefährlich eingestuft werden. So zeigt das Ergebnis einer KfV-Umfrage, dass 41 Prozent der Befragten E-Autos generell für unsicher halten. Rund ein Fünftel nennt die Angst vor einem Autobrand als Beweggrund, kein Auto mit Elektroantrieb zu kaufen.

Je älter ein Auto, desto statistisch höhere Brandgefahr

Statistisch betrachtet sind diese Befürchtungen allerdings unbegründet. Laut einer finnischen Studie ist bei Elektroautos von einer Häufigkeit von 0,4 Bränden pro 10.000 Fahrzeuge auszugehen. Bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor liegt dieser Kennwert bei 4,3 Bränden pro 10.000 Pkw. Demnach wäre die Brandgefahr bei fossil betriebenen Fahrzeugen sogar um das Zehnfache höher als bei Elektroautos. Allerdings muss man bei dieser Rechnung auch berücksichtigen, dass es sich bei den Elektroautos auf den Straßen aktuell überwiegend um neue oder sehr junge Modelle handelt, während die Autos mit Verbrennungsmotoren die gesamte Altersbandbreite abdecken. Je älter ein Auto, desto höher ist statistisch gesehen die Brandgefahr. Laut der Einsatzstatistik des Österreichischen Bundesfeuerwehrverbands kam es vergangenes Jahr in Österreich zu insgesamt 1793 Fahrzeugbränden. Das heißt, jeden Tag brannten durchschnittlich fünf Pkw oder Lkw. In der Statistik sind explizit aber nur zwei Brände von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben ausgewiesen.

Selbstentzündung kann man bei jeder Antriebsart nicht vollständig ausschließen

"Grundsätzlich kann nie vollständig ausgeschlossen werden, dass sich ein Fahrzeug aufgrund eines Defekts selbst entzündet - das gilt für alle Antriebsarten", erklärt Günther Schwabegger, Mitglied des Vorstands der BVS-Brandverhütungsstelle für Oberösterreich. Bei den Brandursachen besteht eine sehr hohe Deckungsgleichheit zwischen E-Autos und konventionell betriebenen Fahrzeugen. Meist handelt es sich laut dem Experten um Defekte bei den Elektronikbauteilen oder im Bereich der Verkabelung. Auch Überhitzung kann zur Entstehung eines Feuers führen. Diese Faktoren treten bei E-Autos allerdings so gut wie nie im Bereich der Hochvoltbatterie für den Antrieb auf, sondern bei der "herkömmlichen" Zwölfvoltbatterie, mit der in allen Fahrzeugen, auch Benzinern und Dieseln, beispielsweise die Beleuchtungsanlage, das Fensterheben und alle anderen Elektronikbauteile betrieben werden. Die praktisch idente Bauart dieser Niedervoltanlagen ist auch ein Grund dafür, weshalb sich Brände bei E-Autos bei den Ursachen und Auswirkungen deutlich weniger von den Bränden fossil betriebener Fahrzeuge unterscheiden als vielfach angenommen.

Die Hochvoltakkus von Elektrofahrzeugen sind hingegen nur in den seltensten Fällen der Ausgangspunkt eines Fahrzeugbrands - und im Regelfall auch gar nicht davon betroffen. "Die Autohersteller betreiben einen sehr hohen Aufwand, um die meist im Unterboden der Fahrzeuge platzierten Akkus vor Deformation zu schützen", so Brandexperte Günther Schwabegger. "Liegt im System ein Defekt vor oder registriert die Crash-Sensorik einen Aufprall, wird zudem der Stromfluss unterbunden."

Brenzlig: Löschen von brennenden Hochvoltbatterien

Kritisch kann es allerdings werden, wenn die Schutzmechanismen der Antriebsbatterie infolge eines schweren Unfalls verformt und damit beeinträchtigt worden sind. Im schlimmsten Fall kommt es dann zu einem sogenannten Thermal Runaway: Dann brennt die Antriebsbatterie und muss durch die Feuerwehr mit viel Wasser gelöscht werden.

Auch in diesem Fall herrscht unter den Autofahrern noch großes Unwissen: Es kann bei brennenden Hochvoltbatterien tatsächlich um ein Vielfaches länger dauern, sie zu löschen oder vor Wiederentzündung zu schützen. Der Grund dafür liegt vor allem darin, dass der Brand durch die im Inneren des Akkus freigesetzte Energie wie bei einem Dominoeffekt von Teilzelle zu Teilzelle überspringen kann. Um so einen Brand zu löschen, benötigt man in der Regel vielfach mehr Wasser als bei einem gewöhnlichen Brand. Und da das Wasser kaum in das Batteriegehäuse eindringen kann, ist das Löschen eines E-Autos mit einem größeren Zeitaufwand verbunden. Anders als bei brennenden Treibstoffen, denen die Einsatzkräfte meist durch chemischen Löschschaum den notwendigen Sauerstoff entziehen, reicht im Falle brennender Lithium-Ionen Akkus in jedem Fall einfaches Wasser - oder idealerweise ein Wasserbad - als Löschmedium.