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Carsharing: Zuckerbrot und Peitsche

Mit dem Verein s.mobil fördert der gebürtige Tiroler David Knapp nachhaltige Mobilitätskonzepte im Flachgau - und erhielt dafür den Mobilitätspreis des VCÖ. In der Praxis scheitert Carsharing aber nicht selten immer noch an der Bürokratie.

Von der Seestadt Aspern nach Seekirchen: David Knapp ist ein echter Carsharing-Pionier.
Von der Seestadt Aspern nach Seekirchen: David Knapp ist ein echter Carsharing-Pionier.

Aktuell umfasst der Verein für innovative Mobilität s.mobil drei Carsharing-Autos mit Standorten in Seekirchen und Obertrum sowie etwas mehr als 100 aktive Mitglieder. Doch geht es nach Vereinsobmann David Knapp, so könnte das durchaus der Beginn von etwas Größerem sein.

Carsharing-Angebot für den Salzburger Flachgau

Noch vor wenigen Jahren lebte und arbeitete der Inhaber eines Ingenieursbüros für Verkehrswesen und Verkehrswirtschaft in Wien, baute unter anderem das viel beachtete Carsharing-Modell in der Seestadt Aspern auf. Nach dem Umzug nach Seekirchen fand der Verkehrsexperte im Salzburger Flachgau dann ganz andere Voraussetzungen vor. "Mit 625 Pkw pro 1000 Einwohner liegt der Flachgau deutlich über dem Österreich-Schnitt von 570, lediglich im Burgenland ist die Autodichte mit 680 Fahrzeugen auf 1000 Einwohner noch höher", berichtet Knapp, und liefert die Gründe dafür gleich mit: "Abseits der Hauptverbindungen lässt die Anbindung an den öffentlichen Verkehr meist zu wünschen übrig."

Als in seinem neuen Wohnort Seekirchen ein Carsharing-Angebot entwickelt wurde, war David Knapp sogleich Feuer und Flamme und brachte gern seine Fachkenntnisse als professioneller Verkehrsplaner ein.

s.mobil bietet Hilfe für Gemeinden bei Aufbau von Carsharing-Modellen

Weil die Nachfrage nach Carsharing nicht nur in Seekirchen, sondern auch in zahlreichen anderen Flachgauer Gemeinden rasant steigt, hebt David Knapp den ursprünglich als rein lokales Angebot geplanten Verein auf ein überregionales Level und bietet seither Gemeinden seine Hilfestellung beim Aufbau praxistauglicher Modelle an. So bietet s.mobil interessierten Ortschaften nicht nur einen rechtlichen Rahmen, sondern auch eine professionelle Website sowie funktionierende Systeme fürs Laden oder Tanken der Autos sowie eine Plattform für die Buchung und die Abrechnung. "Die betreffende Gemeinde muss sich eigentlich um gar nichts kümmern, solange es eine gewisse finanzielle Ausfallhaftung, ein paar Stellplätze im öffentlichen Raum sowie eine Ladesäule gibt", so David Knapp. Den Idealfall stellen Neubauprojekte dar, bei denen der Verkehrsexperte bereits in der Planungsphase mit dem betreffenden Bauträger ins Gespräch kommt. Denn wie bei allen erfolgreichen Carsharing-Modellen geht es darum, das alternative Angebot möglichst attraktiver zu machen als den Besitz eines eigenen Pkw.

Stellplatz-Verordnung und Besteuerung von Dieselfahrzeugen als Hürden für Carsharing

Die größten Hürden auf dem Weg zu einer größeren Akzeptanz von Carsharing-Angeboten sieht David Knapp in der steuerlichen Bevorteilung von Dieselfahrzeugen im Allgemeinen und Dienstwagen im Speziellen. Dazu kommt die Stellplatz-Verordnung als besonders mächtiger Hebel: "Laut Salzburger Bautechnik-Gesetz müssen bei Neubau-Projekten mindesten 1,2 Autostellplätze pro Wohnung gebaut werden."

Die Krux dabei: Die Gemeinden hätten die politische Freiheit, diese Quote anzupassen. Angesichts von Kosten zwischen 15.000 und 35.000 Euro pro Stellplatz könnten Bauträger enorme Summen einsparen und diese Ersparnisse durch günstigere Quadratmeterpreise an die künftigen Bewohner weitergeben. "Die Kosten für ein funktionierendes Carsharing-Modell sind in Relation zu den Gesamtbaukosten marginal. Viel gewichtiger sind die Vorteile durch den frei werdenden Raum rund um die Wohnprojekte. Wo weniger Autos parken, können Kinderspielplätze oder Gärten entstehen."

Ungeachtet der guten Argumente wird David Knapp allzu oft immer noch in die Rolle des Bittstellers gedrängt. "Immer wieder höre ich die Frage: Was kostet das alles, und wieso sollten wir uns engagieren, wenn eh alle ihr eigenes Auto samt Parkplatz haben? Dabei kosten andere Verkehrsmaßnahmen wie neue Kreisverkehre oder sogar Verkehrsschilder mehr als ein gut gemachtes Carsharing-Angebot, das viele Autofahrten überflüssig macht."