SN.AT / Leben / Mobilität

Der Jaguar-Land-Rover Chef im SN-Interview

Damit meint Jaguar-Land-Rover-Chef Ralf Speth Unfalls- und Emissionszahlen. Und er sagt, warum die Produktion des I-Pace in Graz nicht am Limit läuft.

Jaguar-Land-Rover-Chef Speth sieht sein Unternehmen für die Zukunft gerüstet.
Jaguar-Land-Rover-Chef Speth sieht sein Unternehmen für die Zukunft gerüstet.

Einen neuen Defender als Geburtstagsgeschenk? Dass die Weltpremiere der neuen Ikone von Jaguar Land Rover auf der IAA mit dem 64. Geburtstag des Vorstandschefs Ralf Speth zusammenfiel, war reiner Zufall. Der deutsche Manager spricht im SN-Interview über Emissionsziele, den "Grazer" I-Pace, die weitere Elektrifizierung und den Elektro-Rennsport. Und er kündigt an: JLR werde heuer nach einer Durststrecke vor allem wegen China wieder schwarze Zahlen schreiben.

Wird Jaguar Land Rover die strengen neuen Emissionsnormen erfüllen können oder Strafen zahlen müssen? Ralf Speth: Wir haben ein klares Unternehmensziel, das wir Ziel null nennen. Wir wollen in Richtung null Unfälle gehen, was die Sicherheit und Assistenzsysteme betrifft, dann null Emissionen sowohl von der Produkt- als auch von der Produktionsseite. Die Emissionsreduktion wollen wir mit Mildhybrid- und Plug-in-Hybridtechnik erreichen. Letztere ist schon jetzt in so vielen Modellen erhältlich, von Range Rover über Range Rover Sport, Evoque bis zum Discovery Sport. Wir waren die Ersten, die mit dem I-Pace
ein vollelektrisches SUV anboten, das zahlreiche Auszeichnungen weltweit einheimste. So offerieren wir dem Kunden ein breites umweltfreundliches Angebot. Wir werden die CO2-Ziele erreichen.

Wann gelingt der E-Mobilität der Durchbruch? Das Problem ist, dass noch niemand weiß, wie sich E-Mobilität wirklich entwickeln wird. Das erste Kriterium ist der Preis für den Kunden, der ist immer noch zu hoch, und das zweite der Komfortfaktor, der immer noch zu niedrig ist. Der Preis für die Batterien ist immer noch viel zu hoch, sie sind zu schwer - die für den I-Pace wiegen 800 Kilogramm -, aber jeder will Reichweite haben. Mit einem kleineren, leichteren und günstigeren Batteriepaket geht die Reichweite klar zurück. Daher müssen wir die großen Batterien verpacken. Dann ist das Problem der Lademöglichkeiten: Schnell und überall zugänglich müssen sie sein, und außerdem brauchen wir eine standardisierte Technik mit einheitlichen Anschlüssen und danach einheitliche Abrechnungen. Die Umsetzung der Infrastruktur ist noch nicht reguliert, und das ist ein Problem.

Was passiert, wenn der Brexit kommt? Keiner weiß das. Wir können uns nur auf alle möglichen Szenarien vorbereiten. Zum Beispiel bei den Teilezulieferern: Ein Auto wird aus 20 Millionen Teilen gebaut! Die müssen pünktlich beim Produktionsband sein. Die ganze Organisation dahinter, die Logistik, das alles muss organisiert werden. Die Teile müssen bestellt und geliefert werden. Und der Zeitpunkt rückt immer näher, an dem wir ordern müssen - oder nicht.

Derzeit läuft es noch normal in den britischen Werken? Ja, derzeit noch. Und es hängt nicht von uns ab, sondern von den Zulieferern und deren Zulieferern usw.

Können Sie sich eine Pick-up-Version des neuen Defender für Nordamerika vorstellen? Der neue Defender wird ein globales Modell sein - also auch für Nordamerika. Mit allen Sicherheits- und Abgasstandards. Zuerst einmal bieten wir die verschiedenen Motorisierungen an. Was die Karosserievarianten betrifft, warten wir einmal.

Wie geht die Elektrifizierung weiter? Wir haben mit dem I-Pace ein sensationelles erstes Elektroauto auf den Markt gebracht, wir bieten Hybridisierung in vielen Modellen. Wir haben auch schon bestätigt, dass das Limousinen-Flaggschiff Jaguar XJ 2020 als E-Auto neu kommen wird. Wir können diese Entwicklung nicht stoppen und werden das auch nicht. Aber es gibt noch keine elektrischen Lösungen für Langstrecken, vor allem bei schweren Nutzfahrzeugen.

Ist die Produktion des I-Pace in Graz am Limit? Nein, das ist sie nicht. Das Problem ist: Sehr viele Menschen sind an E-Autos und speziell am I-Pace interessiert, hegen eine gewisse Sympathie dafür, aber sie bestellen nicht.
Es gibt viel Kommunikation und viele Kundenkontakte, aber die Menschen stecken
zurück, wenn es ums Kaufen geht.

Ist der Wasserstoffantrieb für JLR vorstellbar? Das ist ein interessantes Thema. Aber die Umsetzung mit allen Transformationen der Energie ist zu aufwendig und umständlich. Wasserstoff könnte aber unter gewissen
Voraussetzungen eine Lösung sein. Interessanter und relevanter ist, wie schnell die Batterieentwicklung in Richtung kleiner, leistungsstärker und billiger weitergehen wird.

Wie wichtig ist die geplante Partnerschaft mit BMW? Sie ist eine Möglichkeit, aber wir haben viele Partner. Immer wichtiger werden dabei die IT-Unternehmen, wenn es um die wesentlichen Kriterien der Zukunft wie Autonomie und Vernetzung geht. Daher auch beispielsweise die Zusammenarbeit mit Waymo oder chinesischen Projekten.

Wann wird JLR wieder Gewinne schreiben? Nach unseren Berechnungen wird das schon heuer sein.

Jaguar Racing ist in der Formel E nun seit drei Saisonen engagiert und feierte heuer den ersten Sieg. Ist das Marketinginstrument Motorsport wegen der Kosten infrage gestellt? Wir sind stark in die Formel E eingebunden, daraus - und aus der I-Pace-Trophy - lernen wir viel für die Serienproduktion. Wir nutzen diese Form von Rennsport, aber wir denken nicht an andere Felder wie z. B. eine Formel-1-Rückkehr.

Wird JLR auch im nächsten James-Bond-Film eine Rolle haben, vielleicht mit dem neuen Defender? (lacht) Das weiß ich nicht … Na, warten wir einmal ab!

KOMMENTARE (0)