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Die Zukunft der italienischen Kultmarke Alfa Romeo

Der frühere Peugeot-Chef Jean-Philippe Imparato übernahm das "Himmelfahrtskommando" Alfa Romeo.

Vom Peugeot-Chef zum Erneuerer bei Alfa Romeo: Jean-Philippe Imparato.
Vom Peugeot-Chef zum Erneuerer bei Alfa Romeo: Jean-Philippe Imparato.

Seit über 30 Jahren ist der 56-jährige Franzose Jean-Philippe Imparato in Spitzenfunktionen des PSA-Konzerns (jetzt: Stellantis) tätig. Von 2016 bis 2020 war er Markenchef von Peugeot, ehe ihn Konzern-CEO Carlos Tavares ab 2021 mit der Führung des "Sorgenkinds" Alfa Romeo betraute. Auf dem Red Bull Ring sprach Imparato, der schon immer als "Racer" galt, mit den SN über die elektrifizierte Zukunft der Marke, das Auslaufen des Dieselangebots, aber auch über das Engagement in der Formel 1 - und die Gerüchte, der aktuelle Partner Sauber könnte von Audi übernommen werden.

Wie sind Sie mit der Reaktion auf die Einführung des neuen SUV Tonale bei Publikum und Medien zufrieden? Jean-Philippe Imparato: Auf Medienseite kann ich bestätigen, dass 97 Prozent der Berichte positiv ausfielen. Was ich von Kunden und auch von Händlerseite hörte, war großes Lob für den Qualitätsstandard. Das ist ein ganz wichtiges Statement für mich, denn ich will Alfa Romeo als Qualitätsmarke etablieren. Deshalb darf aber nicht das Alfa-Romeo-Gen in Sachen Design und Technologie verloren gehen. Für manche Kunden war Elektrifizierung ungewohnt, aber sie verstehen diese Maßnahme im Kontext der allgemeinen Entwicklung. Die Welt verändert sich. Wir müssen CO2-neutral und Performance zusammenführen.

Wie schwierig wird die Transformation von Alfa Romeo in die sportliche Premiummarke von Stellantis? Eine Qualitätsmarke zu etablieren ist einfach und schwierig zugleich. In Bezug auf Qualität darf man keinen Kompromiss eingehen. Ich habe keinen Druck, Volumen liefern zu müssen. Mit Carlos (Stellantis-CEO Tavares, Anm.) waren Absatzzahlen nie ein Thema. Wir sprechen über das Netzwerk, über Technologien und vor allem Qualitätsstandards. Das erste Mal seit 30 Jahren brauche ich mich nicht mit Marktanteilen auseinanderzusetzen. Das war für mich auch die Grundbedingung, die Marke zu übernehmen. Die Mission ist: Qualität hat Vorrang.

Alfa Romeo bietet derzeit nur drei Modelle - die Limousine Giulia und die SUV Stelvio und Tonale - an. Was wird demnächst kommen? Wir werden bis 2030 jährlich ein neues Modell vorstellen. 2023 ein sehr wichtiges für uns, 2024 wird der erste rein elektrische Alfa Romeo kommen, der aber auch als Hybride erhältlich sein wird. 2025 folgt das erste ausschließlich elektrische Modell. Auch 2026 und 2027 kommt je ein weiteres BEV. Unsere Elektromodelle werden High-Performance-Autos sein, da spreche ich von 500 bis 700 PS in der Topausstattung.

Das heißt, dass es auch bei den E-Modellen die sportliche Topversion Quadrifoglio Verde geben wird? Ganz sicher. Das Leistungsniveau wird außergewöhnlich sein.

In nächster Zukunft werden auch Diesel-Alfa weiter angeboten? Ja. Den Diesel stoppen entweder behördliche Bestimmungen oder das Kundeninteresse. Das kann in Europa und außerhalb unterschiedlich sein.

Wird es auch noch einen Diesel mit Euro-7-Norm geben? Wahrscheinlich nicht. In Europa wird der Diesel wohl 2027 auslaufen.

Wird es in Zukunft auch wieder ein Angebot im Kompakt- bzw. Kleinwagensegment geben, also Nachfolger von Giulietta und Mito? Ja. Und wir werden auch Limousinen nicht aufgeben. Es wird eine Giulia-Nachfolgerin im D-Segment geben, da reden wir von 2024.

Alfa Romeo ist als Namensgeber des Sauber-Teams seit 2019 wieder in der Formel 1 vertreten. Hat sich die Marketingmaßnahme gelohnt? Wenn wir von der Zusammenarbeit mit Sauber sprechen: ja. Und wenn wir den Return of Investment ansprechen, dann: ja und nochmals ja. Die Kooperation mit Sauber läuft hervorragend. Bei den Fahrern sehe ich eine Integration in die Welt von Alfa Romeo. Ich sehe bei Valtteri Bottas und Zhou Guanyu, dass sie ihre Alfas lieben. Wir sehen deutliche Fortschritte des Teams im Vergleich zu 2021. Eine positive Geschichte.

Nun steht eine Übernahme der Sauber-Gruppe durch Audi 2026 im Raum. Welche Auswirkung hätte diese auf Alfa Romeo? Wir schreiben jetzt 2022. Wir müssen uns mit Rezession und anderen aktuellen Problemen auseinandersetzen. Ich plane eine Sponsorship dieser Art im Dreijahresrhythmus. Im Moment habe ich keine Idee zu 2026. Wir werden mit Sauber auch 2023 kooperieren. Wir haben eine langfristige Vereinbarung, die aber jährlich evaluiert wird.

Alfa Romeo war einst in der DTM sowie in der Tourenwagen-WM und -EM erfolgreich. Gibt es Pläne für eine Rückkehr, vielleicht auch elektrisch? Nein, nicht jetzt. Wir leben in einer schnellen Welt. Aber ich will mich nicht verzetteln. Ich fokussiere uns auf das F1-Engagement. Sollten wir einmal zu einem Wechsel gezwungen sein, wird der radikal ausfallen: sofortiger Stopp und Start von etwas Neuem.

Stellantis ist ja in mehreren Disziplinen vertreten, DS und bald Maserati in der Formel E, Peugeot kehrt auf die Langstrecke zurück ... Die Entscheidung zum Hypercar-Projekt wurde getroffen, als ich noch Markenchef von Peugeot war. Das WEC hat mit dem Einstieg mehrerer Hersteller eine fantastische Zukunft. Aber auch in der Formel 1 ist unsere Situation exzellent.

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