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E-Auto bezwingt die Klimakrise nicht

Zulieferer kritisieren "nicht zu Ende gedachte Technologieoffenheit".

Die Zulieferindustrie erwartet sich einen Aufschwung für die nächsten drei Jahre.
Die Zulieferindustrie erwartet sich einen Aufschwung für die nächsten drei Jahre.

Technologiewandel, Corona, Rohstoffknappheit und politischer Green Deal: In der Welt des Automobils bleibt kein Stein auf dem anderen, und das beschäftigt auch Österreichs rund 900 Zulieferbetriebe. Einer aktuellen Analyse des Industriewissenschaftlichen Instituts (IWI) in Wien zufolge erwirtschaftete die Branche 2019 einen Produktionswert von 25,2 Mrd. Euro und eine Wertschöpfung von 7,4 Mrd. Euro. Direkt würden 81.700 Jobs, indirekt 193.000 gesichert.

"Die gute Nachricht ist: Zwei Drittel der Zulieferbetriebe sind breit aufgestellt, sie sind nicht zu 100 Prozent automotiv unterwegs", betonte IWI-Studienautor Herwig Schneider am Donnerstag bei einem Pressegespräch. Zugute komme der Zulieferindustrie auch die hohe Exportquote von 80 bis 90 Prozent, "da kann man auch in Zeiten der Krise Dynamik und Wettbewerbsvorsprung generieren." Die Hauptmärkte seien Zentral- und Westeuropa, nach Ostasien würden vor allem E-Antriebe, Elektrik und Elektronik geliefert. Nur sieben Prozent der Zulieferer exportieren gar nicht.

Kritik an der Fokussierung auf das E-Auto

Ende des ersten Quartals 2021 zeigten sich zwei Drittel der Betriebe auch positiv eingestellt, was den Aufschwung in den nächsten drei Jahren betrifft. "Jetzt würde die Erwartungshaltung aber wohl niedriger ausfallen", sagt der Vorsitzende der ARGE Automotive Zulieferindustrie, Dietmar Schäfer. Aufgrund des Rohstoffmangels - von Halbleitern bis zu Stahl und Kunststoffen - liege das produzierte Ausmaß an Fahrzeugen unter dem, was verkauft werden könnte. BMW Steyr lotet deshalb gerade ein Kurzarbeitsmodell aus. "Es würde mich nicht wundern, wenn es auch andere tun", sagt Schäfer. Die Autohersteller hätten den Margendruck auf die Zulieferer erhöht, dazu kämen zusätzliche Belastungen durch Technologiewandel und Entwicklungsaufwände, "was unsere Branche aber auch reizvoll macht".

Kritik übt Schäfer an der starken Fokussierung auf das E-Auto, "das ist eine nicht zu Ende gedachte Technologieoffenheit in der Politik". Mit Batterie und Strombilanz werde man in den nächsten Jahren hinsichtlich der Klimakrise nichts gewinnen. Es brauche auch synthetische Kraftstoffe für den Verbrennungsmotor. Mehr als die Hälfte der Zulieferer beschäftige sich bereits mit Wasserstofftechnologie, sei es in der Komponentenherstellung, der Dienstleistung oder Forschung. "Denn wenn ich vom Ende des Verbrenners rede, sind dann auch Plug-in-Hybride gemeint?", fragt Schäfer. Diese machten weiterhin den weitaus höchsten Teil der geförderten E-Mobilität aus.