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Effizienz als höchstes Gut bei E-Motoren

Die Technik von Elektromotoren im Fokus. E-Motoren sind einfacher und haltbarer als Verbrenner. Aber alles andere als banal.

Hoher Wirkungsgrad in Serie: BMW baut die Elektromotoren für seine E-Fahrzeuge selbst, Teile davon auch in Österreich.
Hoher Wirkungsgrad in Serie: BMW baut die Elektromotoren für seine E-Fahrzeuge selbst, Teile davon auch in Österreich.

Ottomotor oder Diesel? Turbo oder Sauger? Vier, sechs, acht oder gar zwölf Zylinder? Über Jahrzehnte hinweg stellten sich Autofahrer diese Grundsatzfragen. Nicht selten beendeten unterschiedliche Auffassungen zur optimalen Bauweise von Verbrennungsmotoren einst innige Benzinbruderschaften. Geht es nach dem Gesetzgeber, haben diese oft mit religiösem Eifer geführten Diskussionen aber ein Ablaufdatum. Nach heutigem Stand gehört die Zukunft dem Elektroauto, wenngleich das endgültige Aus für Benzin- und Dieselfahrzeuge in der EU durch die Ausnahme für synthetische Kraftstoffe etwas aufgeweicht wurde. Je größer die Faszination für Technik, desto höher ist meist auch die Affinität zum Hubkolbenmotor. Wem beim Philosophieren über obenliegende Nockenwellen, Turboladergeometrien und Zündfolgen warm ums Herz wird, assoziiert Elektromotoren meist nur mit Rasierapparaten oder Staubsaugern.

Maschinenbauliche Zuneigung zum Synchronmotor

Doch das muss nicht sein. Spätestens seit es absehbar ist, dass der Grad der Elektrifizierung in den kommenden Jahren sowohl bei den Pkw als auch im Nutzfahrzeugsegment massiv ansteigt, ist es auch mit der vermeintlichen Banalität der Elektrotechnik vorbei. Reichte es zu Beginn des vorigen Jahrzehnts noch, einen No-Name-E-Motor mit den Akkus eines beliebigen Zulieferers aus Fernost zu kombinieren, entdecken immer mehr Autohersteller ihre maschinenbauliche Zuneigung zur Synchronmaschine. Tatsächlich scheint analog zu den Zulassungszahlen auch die Komplexität der Elektroautos zuzunehmen. Wobei eine der Stärken des E-Motors gerade in seiner einfachen und damit auch günstigen und robusten Bauweise liegt.

Magnetisierung des Rotors macht den Unterschied bei Sychronmaschinen

Im Gegensatz zur dualen Verbrennerwelt, die seit jeher in Benziner und Diesel unterteilt ist, kommen in modernen Elektrofahrzeugen sogar drei unterschiedliche Motorentypen zum Einsatz: permanent erregte Synchronmotoren, fremd- oder stromerregte Synchronmotoren sowie Asynchronmotoren.

Bei den Synchronmotoren wird ein konstant magnetisierter Läufer (auch Rotor genannt) von einem bewegten Drehfeld im Stator mitgenommen. Im Normalbetrieb tritt bei dieser Bewegung keinerlei Schlupf auf, Rotor und Stator laufen demnach synchron. Das gibt dem Synchronmotor auch seinen Namen. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal ist die Methode, wie der Rotor magnetisiert wird.

Permanent erregte Synchronmotoren benötigen die umstrittenen seltenen Erden

Bei permanent erregten Synchronmotoren kommen Dauer- oder Permanentmagneten zum Einsatz. Diese verleihen E-Motoren schon bei niedrigen Drehzahlen einen verhältnismäßig hohen Wirkungsgrad, weshalb auch viele Hybridfahrzeuge auf diese Technologie setzen, so auch der Toyota Prius.

Allerdings zu einem nicht unerheblichen Nachteil: Die Permanentmagneten bestehen zu großen Teilen aus seltenen Erden, vor allem aus den Elementen Neodym und Dysprosium. Bei der Förderung und Verarbeitung dieser Metalle werden große Mengen giftiger Chemikalien eingesetzt, welche die Umwelt massiv belasten. Zudem besitzt China de facto ein Monopol auf den Abbau von seltenen Erden, was ein geopolitisches Risiko darstellt.

Verschleiß und Isolationsprobleme bei fremd- oder stromerregte Synchronmotoren

Ohne Permanentmagneten und damit auch ohne seltene Erden kommen fremd- oder stromerregte Synchronmotoren aus. Dabei wird das benötigte Magnetfeld mithilfe von Spulen und der Zufuhr von Strom erzeugt, wie beispielsweise beim BMW iX3 oder dem Renault Zoe. "

Bild: SN/foto wilke
Aktuell setzen die Hersteller verstärkt auf fremderregte Synchronmotoren.
Manfred Schrödl, TU Wien

Dabei handelt es sich um ein uraltes und bewährtes Prinzip, der Teufel steckt allerdings im Detail", erklärt Professor Manfred Schrödl, Vorstand am Institut für Elektrische Antriebe an der TU Wien. "Einerseits entsteht dabei mit der Zeit ein gewisser Verschleiß, andererseits verursacht der Abrieb gewisse Isolationsprobleme."

Eine Alternative zu Schleifringen oder Bürsten ist die Stromübertragung via Induktion. "Allerdings macht das den Motor spürbar komplizierter", urteilt der Experte der Technischen Universität Wien.

Asynchronmotoren sind extrem robust aber schwer

Die dritte Variante ist der Asynchronmotor. Bei einer "Drehstrom-Asynchronmaschine", so deren korrekte Bezeichnung, läuft der Rotor mit einer niedrigeren Drehzahl als das Drehfeld des Stators, also asynchron. "Diese Geschwindigkeitsdifferenz kann man sich vorstellen, als würde eine Kupplung leicht durchrutschen", so TU-Professor Manfred Schrödl. "Dieser Verlust beträgt einige Prozent bezogen auf die Nenndrehzahl, was den Asynchronmotor im Vergleich etwas ineffizienter macht." Zudem wiegen derartige Elektromotoren bei gleicher Leistung bis zu 30 Prozent mehr als permanenterregte Synchronmotoren, gelten allerdings als extrem robust, weshalb sie bei wichtigen Modellen der früheren E-Auto-Ära, darunter die frühen Baujahre von Teslas Model S und Model X, und schweren SUV wie dem Mercedes EQC oder Audi e-tron zum Einsatz kamen. Ein weiterer Vorteil der Asynchronmotoren: Die Konstruktion ist einfach, die benötigten Rohstoffe, im Wesentlichen Eisen, Kupfer und Aluminium, sind vergleichsweise günstig.

Während immer mehr europäische Fahrzeughersteller auf fremderregte Synchronmotoren setzen, kommen Asynchronmotoren bei Allradmodellen mit zwei oder drei Aggregaten zum Einsatz. "Neben dem möglichen Verzicht auf seltene Erden und andere teure oder problematische Rohstoffe haben Asynchronmotoren eine Berechtigung, wenn es darum geht, im Betrieb kurzfristig zugeschaltet zu werden - etwa zum Boostern beim Wegfahren oder Beschleunigen und eben beim Allradantrieb, wenn lediglich eine Achse bei Bedarf zugeschaltet wird", erklärt Manfred Schrödl. Eines steht jedoch fest: Die Ära der Elektromotoren hat gerade erst begonnen. Man darf gespannt sein, welche Technologien die Zukunft mit sich bringt.