SN.AT / Leben / Mobilität

Mate Rimac - Der kroatische Elon Musk

Als Mittzwanziger erfüllte sich Mate Rimac seinen Traum vom eigenen Supersportwagen. Ab sofort bestimmt der erst 33-jährige Kroate über die Zukunft der Kultmarke Bugatti.

Mate Rimac als Autonarr im Rimac C One sowie als selbstbewusster Selfmade-Unternehmer.
Mate Rimac als Autonarr im Rimac C One sowie als selbstbewusster Selfmade-Unternehmer.
Mate Rimac als Autonarr im Rimac C One sowie als selbstbewusster Selfmade-Unternehmer.
Mate Rimac als Autonarr im Rimac C One sowie als selbstbewusster Selfmade-Unternehmer.
Die offizielle Zusammenkunft von Porsche, Bugatti und Rimac in Dubrovnik.
Die offizielle Zusammenkunft von Porsche, Bugatti und Rimac in Dubrovnik.

Fragt man Mate Rimac, ob er sich als kroatische Version von Elon Musk sieht, antwortet er freundlich, aber bestimmt: "Das sollen andere entscheiden." Doch durch die Art und Weise, wie er dabei lächelt, wird klar, wie stolz er auf seine Firma Rimac Automobili ist, die sich mittlerweile nicht mehr allein durch elektrische Supersportwagen einen Namen gemacht hat.

Der Werdegang von Mate Rimac

Mate Rimac (gesprochen "Rimats") wurde 1988 im bosnischen Livno geboren. 1991 flohen seine Eltern wegen des Jugoslawien-Kriegs nach Frankfurt und holten ihren Sohn kurze Zeit später ebenfalls nach Deutschland. Erst im Jahr 2000 kehrte die Familie ins heutige Kroatien zurück. Seither spricht Rimac fließend Deutsch. Schon während der Schulzeit machte der talentierte Tüftler von sich reden. Als größtes Vorbild nannte er schon damals den Physiker Nikola Tesla. Ein Lehrer motivierte ihn, an einem Schülerwettbewerb für Innovationen teilzunehmen. Und tatsächlich meldete er schon als Jugendlicher seine ersten Patente an, darunter einen Totwinkelassistenten und den iGlove - einen Hightech-Handschuh, der die klassische Computertastatur ersetzen sollte.

Im Alter von 18 Jahren kaufte sich der Autonarr einen BMW Dreier, um damit an Driftrennen teilzunehmen. Als der Motor des getunten Boliden in die Luft flog und kein Geld da war für den eigentlichen Traummotor - einen Fünfliter-V8 aus dem BMW M5 -, baute Rimac kurzerhand den Elektromotor eines Gabelstaplers in seinen grünen E30 ein. Anstatt als Lachnummer zu enden, lief der 600 PS starke Elektro-BMW von Woche zu Woche besser. Schlussendlich gewann Mate Rimac damit ein Sprintrennen nach dem anderen und düpierte damit die Verbrenner-Konkurrenz.

Vor rund zehn Jahren wurde aus dem Spaß dann endgültig Ernst: Mit dem Ziel, seinen eigenen Traumwagen zu bauen, stellte Mate Rimac im April 2011 seine ersten drei Mitarbeiter an. Im Frühjahr 2013 bestellten zwei Emiratis tatsächlich den als schnellstes Elektroauto der Welt angekündigten Rimac C One. Als Bedingung für die millionenschwere Geldspritze sollte der Prototyp auf der IAA im Herbst 2013 seine offizielle Weltpremiere feiern. Das Problem dabei: Zu diesem Zeitpunkt existierte der Bolide ausschließlich im Kopf seines Schöpfers sowie in elektronischen Konstruktionszeichnungen auf dem Computer. "Wir haben den Prototypen noch auf dem Weg nach Frankfurt im Lastwagen zusammengebaut, wir haben Tag und Nacht geschraubt und auf dem Boden geschlafen", erinnert sich Mate Rimac.

Trotz des hundertprozentigen Einsatzes floppte das Projekt. Als dem Team das Geld ausging, machten die Emiratis Druck, Rimac sollte mit seinem Unternehmen nach Dubai kommen. Doch der Selfmademan lehnte ab und musste das Projekt fortan selbst finanzieren. "Das war im Nachhinein das Beste, was mir passieren konnte. Nichtsdestotrotz war ich von einem Tag zum anderen darauf angewiesen, mit ein paar Mitarbeitern Geld zu verdienen, um den Wagen fertigzustellen."

Also machten die Kroaten aus der Not eine Tugend, entwickelten die Kernkomponenten selbst und positionierten sich als hochspezialisierte Entwickler für die Autoindustrie. Die anfängliche Klinkenputzerei brachte tatsächlich Erfolg und Rimac Automobili erarbeitete sich einen exzellenten Ruf als Spezialist für die Technik für zukünftige Elektroautos. 2018 stieg Porsche ein und erhöhte seine Anteile auf mittlerweile 24 Prozent. Mit Hyundai beteiligte sich ein zweiter Autogigant. Als wichtigstes Technik-Asset gilt die 800-Volt-Technik, die bis dato exklusiv bei Porsche, Audi und Hyundai verbaut wurde. Nebenher entstand vom Rimac C One eine Kleinserie von acht Fahrzeugen - mit jeweils mehr als 1000 Elektro-PS und über 350 km/h schnell.

Rimac Automobili und Bugatti

Ein Jahrzehnt später ist das ehemalige Startup nicht mehr wiederzuerkennen Der Bart von Firmengründer Mate Rimac ist mittlerweile etwas länger geworden, und seit einigen Jahren muss er sich nicht mehr täglich Sorgen um die Zukunft seiner Firma und die Bezahlung seiner Mitarbeiter machen. "Ich schlafe mittlerweile viel ruhiger", gibt Rimac lächelnd zu. Das liegt nicht zuletzt an der Gründung des Gemeinschafts-Unternehmens mit der bisherigen Volkswagen-Tochter Bugatti, die im vierten Quartal 2021 über die Bühne gehen soll. An dem Joint Venture mit dem Namen Bugatti-Rimac hält Rimac mit 55 Prozent die Mehrheit, die restlichen 45 Prozent bekommt der Sportwagenhersteller Porsche. Die Ursprungs-Unternehmen bleiben gleichzeitig als eigenständige Unternehmen erhalten.

Unter dem Dach von Bugatti-Rimac wird die Produktion des Bugatti Chiron im französischen Molsheim weiterlaufen, während Rimac die Herstellung des Nevara in Zagreb aufnimmt. Später sollen in der Manufaktur in Frankreich dann gemeinsam entwickelte Modelle von Rimac und Bugatti entstehen. Am Hauptstandort in Zagreb werden rund 300 Mitarbeiter beschäftigt sein, weitere 130 in Molsheim. Den Nachfolger des aktuellen Aushängeschilds Chiron will Rimac, der CEO des Joint Ventures wird, von Grund auf neu entwickeln und als Hybrid auf den Markt bringen. Der Vorteil: Die Entwicklungsarbeit beim Rimac ist um den Faktor zwei bis drei günstiger als in Deutschland. Im Rahmen einer Online-Pressekonferenz kündigte Mate Rimac an, dass es mittelfristig auch rein elektrisch angetriebene Bugattis geben werde. Einen schnellen, vollständigen Wechsel auf den E-Antrieb schloss der Unternehmer ebenso aus wie einen abgewandelten Rimac Nevara mit Bugatti-Label. Den Unterschied zwischen den beiden Marken verglich er mit verschiedenen Arten von Uhren. Bugatti sei eher wie eine hochwertige Analog-Uhr mit mechanischem Uhrwerk, Rimac hingegen wie eine Apple-Watch: digital, innovativ, performant.

Als einer der meistbeachteten Automanager der Gegenwart präsentiert sich Mate Rimac keineswegs als idealistischer Weltverbesserer. "Wer etwas für die Umwelt tun will, muss kein Elektroauto fahren, sondern soll einfach weniger Fleisch essen. Und das kommt von jemandem, der davon lebt." Unabhängig vom 70-Millionen-Engagement soll 2021 ein ganz besonderes Jahr für Rimac Automobili werden. In einem Außenbezirk Zagrebs erfolgte der Spatenstich für den Rimac-Campus. Nach Vorbild von Google, Apple & Co. soll dort in den nächsten drei Jahren ein Kreativzentrum für Arbeit und Freizeit für 2500 Mitarbeiter entstehen.

Die Zukunft: Zulieferer von Elektronikteilen für die Automobilindustrie

Dabei soll das Thema Auto für Mate Rimac nur ein Zwischenschritt sein. Neben dem Bau von eigenen Autos sieht er das ganz große Geschäft in den kommenden zehn Jahren als Zulieferer von Elektronikteilen für die Automobilindustrie. Im Fokus steht dabei die Mobilität von übermorgen, unter anderem selbstfahrende Autos. Der eigene Supersportler soll davon allerdings nicht gefährdet sein. Mate Rimac: "Mit den Sportwagen ist es wie mit den Rennpferden. Die wird es immer geben."