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Mobilität in der dritten Dimension: Buchen wir bald das Flugtaxi?

Optimistische Fortschrittsgläubige meinen, in sechs Jahren wäre es so weit. denn Flugtaxis sind bereits in Arbeit. Doch wann wird es soweit sein?

Als wäre das aktuelle Chaos nicht genug: Wird es bald durch Flugtaxis vergrößert?
Als wäre das aktuelle Chaos nicht genug: Wird es bald durch Flugtaxis vergrößert?

Die elektrisch betriebene, automatisch fliegende und für den sicheren Transport von Menschen geeignete Drohne könnte früher zum Einsatz kommen als das autonom verkehrende Auto. Zwar bestehen hierzulande für den Luftraum strenge Sicherheitsauflagen, jedoch ist der Luftverkehr deutlich einfacher zu kontrollieren, da anders als auf der Straße weder öffentlicher noch individueller Verkehr unterwegs sind und feste Hindernisse fehlen: Die Zeichen stehen auf Grün.

Flugtaxis voraussichtlich ab 2025

Auf der Jahrespressekonferenz der Daimler AG teilte Vorstandschef Dieter Zetsche den staunenden Journalisten mit: "Gemeinsam mit dem Start-up-Unternehmen Volocopter entwickeln wir Mobilität in der dritten Dimension. Dieses Jahr starten unsere Flugtaxis in Singapur." Es werde zwar noch einige Zeit dauern, bis solche Dienste flächendeckend verfügbar seien. "Doch", meinte Zetsche, "die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunft schafft man in der Gegenwart."
"Schon 2025 werden Flugtaxis in großen Städten auf ersten festgelegten Routen Passagiere transportieren", sagt Daniel Guffarth, Studienleiter und Mobilitätsexperte bei der Düsseldorfer Unternehmensberatung Horváth & Partners, voraus. In der Initialphase von Urban Air Mobility (UAM) ab 2025 würden sich Flugtaxis in Megacitys beziehungsweise Metropolregionen etablieren.
Von hoher Relevanz sind neben innerstädtischer Mobilität auch Stadt-Land- oder Stadt-Stadt-Verbindungen zur Entlastung des Berufsverkehrs. Ein Großteil der täglichen Staus entfällt auf den Berufsverkehr.

Volcopter GmbH führend bei der Entwicklung

Weltweit führend bei der Entwicklung von senkrechtstartenden, vollelektrischen Multikoptern als Lufttaxi ist das Start-up-Unternehmen Volocopter GmbH aus Bruchsal (Baden-Württemberg). Was 2018 auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas zu den Stars zählte, hatte seinen Ursprung in einem Kinderspielzeug. "Mein Mitgründer Stephan Wolf hat vor einigen Jahren für seinen Sohn eine elektrische Spielzeugdrohne gekauft", berichtet Unternehmensgründer Alexander Zosel, "und dabei kam er auf die Idee, das könnte man auch als Fluggerät für Passagiere herstellen." Gesagt, getan.
Inzwischen ist Mobilität in der dritten Dimension zu Taxipreisen nach siebenjähriger Forschungs- und Entwicklungsarbeit greifbar nahe. Als Investoren sind neben Daimler auch der Halbleiterhersteller Intel aus Santa Clara in Kalifornien sowie eine Reihe weiterer Unternehmen eingestiegen. Neuerdings gibt es auch Geld aus der Politik: Das Förderprogramm der deutschen Regierung für Drohnen und Flugtaxis beträgt 15 Mill. Euro.
Zwei Wochen zuvor hatten die Frankfurter Flughafengesellschaft Fraport und die Volocopter GmbH enge Zusammenarbeit vereinbart. "Gemeinsam entwickeln die Unternehmen Konzepte für die Bodeninfrastruktur und den Betrieb von Flugtaxis an Flughäfen. Im Vordergrund stehen die reibungslose Fluggastabfertigung sowie die effiziente Anbindung an bestehende Verkehrsinfrastruktur. Das wird beispielhaft an einem sogenannten Volocopter Port untersucht; diese könnten Knotenpunkte in Städten miteinander verbinden - auch eine Verbindung vom und zum Flughafen Frankfurt soll geprüft werden", sagte Yi-Chun Sandy Chen, Fraport-Sprecherin für Digitalisierung und Servicethemen.

Erste Testungen in Dubai

Die Bruchsaler waren weltweit die Ersten, die eine Zulassung für bemannte vollelektrische Flüge erhalten und zudem in Dubai im September 2018 den ersten öffentlichen Flug eines unbemannten Zweisitzers im Innenstadtverkehr vorgenommen hatten. "Dubai ist keine Traumstadt zum Testen von Flugtaxis. Dort herrscht Hitze, es gibt viel Sand und auch kulturelle Unterschiede. Aber die Behörden agieren fast wie Firmen, was ein Traum ist", behauptet Alex Zosel. Die Vision des Unternehmens sei, dass 2030 in einigen Städten in der Welt Tausende Volocopter fliegen. Der Doppelsitzer 2X besitzt 18 Rotoren, mit denen sich das Gefährt überdurchschnittlich leise fortbewegen soll. Angeblich verursacht der 2X in 75 Metern Entfernung gerade einmal so viel Krach wie ein Kleinsthubschrauber in 500 Metern. Die Reichweite beträgt 27 Kilometer.
Da ist es kein Wunder, dass auch andere am vielversprechenden Kuchen Lufttaxis mitnaschen wollen. Boeing, Airbus, Uber und auch Volkswagen und Porsche kündigten an, Fluggeräte für den Stadtverkehr zu entwickeln. Als Vorreiter gelten aber die beiden Start-ups Lilium mit einem elektrisch betriebenen Senkrechtstarter für den Mittelstreckenverkehr und Volocopter.

Flugtaxi-Fahrpreise

Aus vermeintlicher Science-Fiction wurde also längst so weit Realität, dass schon jetzt künftige Fahrpreise kalkuliert werden. Die Beratungsagentur Porsche Consulting errechnete beispielsweise für einen sechsminütigen Beförderungsflug vom Flughafen Stuttgart ins benachbarte Bietigheim-Bissingen 57 Euro. Würde man die Strecke mit einem Straßentaxi zurücklegen, bräuchte man unter günstigsten Bedingungen 30 Minuten und würde um die 90 Euro bezahlen. Die Flugtaxipreise würden zur Entfernung relativ gleichmäßig ansteigen. Die zwölf Minuten nach Heilbronn könnten demnach 123 Euro kosten und nach Karlsruhe für 19 Minuten 186 Euro.