SN.AT / Leben / Mobilität

Neue Automarken - die Newcomer im Überblick

Weltweit kämpfen junge Hersteller darum, sich am Automarkt zu etablieren. Coole Start-ups, ambitionierte Zulieferer und exotische Edelschmieden - diese Automarken sollte man sich merken.

Der Brennstoffzellen-Truck Badger von Nikola Motors
Der Brennstoffzellen-Truck Badger von Nikola Motors
Der e.GO des gleichnamigen deutschen Start-ups
Der e.GO des gleichnamigen deutschen Start-ups
Der Reverie von Fresco Motors
Der Reverie von Fresco Motors

Kennen Sie noch Automarken wie Wartburg, Lloyd, NSU, Karmann, Matra oder Autobianchi? Dann sind Sie vermutlich regelmäßig auf Oldtimer-Veranstaltungen unterwegs. Denn diese Automarken haben bereits vor Jahrzehnten das Zeitliche gesegnet. Doch das Sterben traditionsreicher Namen aus der Autobranche ist keinesfalls nur ein Phänomen des vergangenen Jahrhunderts. Vielmehr trifft es mit beunruhigender Regelmäßigkeit wohlklingende, teils weltweit bekannte Marken. Vor allem in den USA kam es zuletzt zu einem regelrechten Massensterben: Saturn (2002), Oldsmobile (2004), Hummer (2010) oder Pontiac (2010) sind längst aus den US-amerikanischen Schauräumen verschwunden, an die englischen Legenden wie Rover oder MG (beide 2005) erinnern nur noch die Markennamen, die von chinesischen Unternehmen aufgekauft und für eigene Zwecke weiterverwendet werden. Ein weiteres prominentes Opfer der sogenannten "Fusionitits" - also des Trends zum Zusammenschluss weltweit agierender Vielmarken-Konzerne - war im Jahr 2011 die schwedische Traditionsmarke Saab.

Während Global Player wie Volkswagen, Toyota, Renault-Nissan oder der jüngst bei der Fusion von PSA und Fiat-Chrysler entstandene, interkontinentale Autoriese FCA-PSA ihr Heil im Wachstum suchen, macht sich eine neue, aufstrebende Generation von Marken bereit, das Erbe der "automobilen Old Economy" anzutreten. Dass es keinesfalls unmöglich ist, die alteingesessenen Branchengrößen das Fürchten zu lernen, beweist Elektroauto-Pionier Tesla: Im Jahr 2003 gegründet, ist das Unternehmen des exzentrischen Milliardärs Elon Musk mittlerweile an der Börse so viel wert wie VW und BMW zusammengezählt. Ob es die junge, aufstrebende Riege an Elektro-Start-ups tatsächlich schafft, bleibt abzuwarten. Doch es ist definitiv nicht auszuschließen, dass die ein oder andere der folgenden Marken in Zukunft eine wichtige Rolle spielt.

Nikola Motor Company

Schon der Name macht die 2014 in Salt Lake City im US-Bundesstaat Utah gegründete Marke zum selbst ernannten ersten Herausforderer von Tesla: Bezieht sich der Firmenname doch ebenso auf den weltberühmten Erfinder, Physiker und Elektroingenieur Nikola Tesla. Der Schwerpunkt von Nikola liegt auf dem Bau von Elektro-Lkw. Im Gegensatz zu Teslas Lastwagenmodell Semi setzt man bei Nikola allerdings auf das Konzept des Wasserstoffantriebs mittels Brennstoffzelle. Das erste Modell Nikola Tre soll ab 2022 gebaut werden. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht: Erst 2019 wurde bekannt, dass unter anderem der deutsche Autozulieferer Bosch und die südkoreanische Hanwha Group jeweils über 100 Millionen Dollar in Nikola investiert haben. Laut eigenen Angaben sollen schon über 14.000 Bestellungen vorliegen, 800 davon allein vom Brauereikonzern Anheuser-Busch. Erst vor einer Woche präsentierte Nikola den Elektro-Pick-up-Truck Badger (großes Foto oben) mit optionaler Brennstoffzelle - als Konkurrenz zu Teslas Cybertruck.

e.GO

Spannend ist auch die Entstehungsgeschichte der Marke e.GO mit Sitz im deutschen Aachen. Gegründet wurde die Marke als klassisches Start-up im Jahr 2015 von Günther Schuh, einem Professor für Produktionssystematik der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH). Bereits 2011 war Schuh einer der Gründer des Elektrofahrzeug-Herstellers Streetscooter, das 2014 an die Deutsche Post verkauft wurde. Das bis dato einzige Fahrzeug von e.GO ist der e.GO Life, ein bewusst preiswertes Elektroauto mit kleinem Akku und geringer Reichweite. Das Basismodell kostet gerade einmal 12.000 Euro. Probleme bei der Serienfertigung sorgten dafür, dass 2019 gerade einmal 171 Modelle vom e.GO in Deutschland zugelassen wurden. Anfang dieses Jahres wurde zudem bekannt, dass das Unternehmen in Liquiditätsproblemen steckt und im Oktober 2019 nur durch ein Darlehen der Anteilseigner vor der Insolvenz gerettet wurde.

Microlino

Er ist so etwas wie die elektrische Reinkarnation des Kabinenrollers BMW Isetta aus den 1950er-Jahren: der Microlino (Bild unten). Wie sein historisches Vorbild bietet der zweisitzige Kabinenroller eine seitlich öffnende Fronttür. Die Leistungsdaten: 513 Kilogramm Leergewicht, 90 km/h Höchstgeschwindigkeit und bis zu 200 Kilometer Reichweite. Aufgrund eines Rechtsstreits zwischen dem Rechtsinhaber des Projekts, dem Schweizer Kickboard-Hersteller Micro und dem Produzenten Artega in Deutschland, verzögerte sich der Produktionsstart allerdings immer wieder. Nach einer außergerichtlichen Einigung soll die Produktion nun im Jahr 2021 bei einem neuen Partner in Italien beginnen.

NIO

Das chinesische Start-up ist gleichzeitig eines der jüngsten, aber auch am schnellsten wachsenden Automobilunternehmen der Welt. 2014 in Schanghai gegründet, beschäftigt NIO mittlerweile mehr als 5000 Mitarbeiter an 19 Standorten weltweit. In München betreibt NIO ein großes Design- und Markenentwicklungszentrum. Seit der Präsentation des EP9, eines zweisitzigen Elektro-Mittelmotorsportwagens, ist die Marke auf rein elektrisch angetriebene Modelle spezialisiert. Jüngere Modelle wie das siebensitzige SUV ES8 mit einer Gesamtleistung von 1360 PS oder der Fünfsitzer ES6 werden bis dato ausschließlich für den chinesischen Markt produziert. Das Engagement in der FIA Formel-E-Meisterschaft sowie der milliardenschwere Börsegang in New York weisen aber darauf hin, dass NIO auch Europa und die USA im Blick hat. Eine weitere Spezialität von NIO sind autonom fahrende Autos. Bereits im Mai 2018 eröffnete NIO in Schenzhen die weltweit erste "Power Swap Station", in der die Batterie des ES8 binnen kurzer Zeit gegen eine voll geladene getauscht werden kann.

Fresco Motors

Jede Menge Bestellungen, aber noch kein einziges tatsächlich gebautes Fahrzeug hat das norwegische Unternehmen Fresco Motors vorzuweisen. Von der im Vorjahr vorgestellten Elektro-Sportlimousine Reverie, die eine Reichweite von satten 1000 Kilometern bieten soll, existiert trotz angeblicher 3000 Vorbestellungen im Gesamtwert von über 60 Millionen Euro bis dato nur eine Computergrafik. Dennoch gibt sich CEO Espen Kvalvik zuversichtlich, dass das Serienmodell des Reverie wie geplant im ersten Quartal 2021 vorgestellt werden kann.

Lucid Motors

Gestartet ist das Unternehmen aus Kalifornien bereits im Jahr 2007 - damals noch unter dem Namen Atieva. Das für 2020 avisierte Erstmodell mit dem Namen Lucid Air soll satte 1000 PS und ein 900-Volt-System bieten, was ihn im Vergleich zur Konkurrenz von Tesla & Co. leistungs- und widerstandsfähiger machen soll. Akkus mit einer Kapazität von 130 kWh ermöglichen eine Reichweite von mehr als 640 Kilometern.

Sono Motors

Aus der (finanziellen) Not eine Tugend machte das Münchner Start-up Sono Motors. Wie in den SN berichtet, begegnete man Ende 2019 dem drohenden Aus mit Europas größter Crowdfunding-Kampagne. Mit 50 Millionen Euro Kapital wird nun weiter am Solar-Elektroauto Sion gebaut.

KOMMENTARE (0)