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Neues aus dem Norden - Polestar kommt nach Österreich

Die Volvo-Schwestermarke Polestar kommt im Herbst nach Österreich. Ein Tag mit spannenden Autos, interessanten Gesprächen und viel nordischer Coolness.

Mehr als „nur“ erster Tesla-Jäger: Der Polestar 2 hat das Zeug zum Premium-Bestseller und nimmt Audi, BMW und Mercedes ins Visier.
Mehr als „nur“ erster Tesla-Jäger: Der Polestar 2 hat das Zeug zum Premium-Bestseller und nimmt Audi, BMW und Mercedes ins Visier.
Polestar-CEO Thomas Ingenlath gilt als Visionär unter den Autobossen.
Polestar-CEO Thomas Ingenlath gilt als Visionär unter den Autobossen.

Zugegeben, die geografische Einordnung von Polestar stimmt so nur halb. Die Modelle Polestar 1 und 2 werden mit dem entsprechenden ökologischen Fußabdruck in China montiert, das für 2023 avisierte SUV Polestar 3 wird jüngsten Meldungen zufolge in den USA vom Band laufen. Das ultramoderne Headquarter der jungen Elektromarke steht allerdings auf dem Volvo-Campus in Göteborg. Dort, in Blickweite zur schwedischen Schwestermarke, werden auch die wichtigen Entscheidungen getroffen. So auch jene, das erst 2017 gegründete Unternehmen bereits in diesem Jahr auf dem österreichischen Markt zu etablieren. Eine aufregende Aufgabe für den Österreich-Chef von Polestar, Thomas Hörmann. Der Salzburger, ein erfahrener Branchenkenner mit einschlägiger Vergangenheit bei Ford, Fiat und Jaguar Land Rover, startete Ende März hierzulande buchstäblich bei null. Seine To-do-Liste ist beeindruckend. Bis Jahresende soll das Team auf 13 Spezialisten hochskaliert, das Volumensmodell Polestar 2 erfolgreich auf den Markt gebracht und die dafür notwendigen Strukturen österreichweit ausgerollt werden.

Polestar-Betrieb zu 100 Prozent online

Dieser Mammutaufgabe begegnet man mit einer Strategie, die ebenso minimalistisch anmutet wie das Design der Fahrzeuge. Der Vertrieb wird zu 100 Prozent online laufen, fürs Service greift man auf die gut etablierten Volvo-Strukturen zurück, bestehend aus mehr als 50 niedergelassenen Partnern. Neben der Onlinebestellung (inklusive des vom Verbraucherschutz vorgeschriebenen 14-tägigen Rückgaberechts) wird es dennoch die Möglichkeit geben, die mit Spannung erwartete Kompaktlimousine Polestar 2 Probe zu fahren. Neben einem stylischen Schauraum am ehemaligen Tesla-Standort in der Wiener Innenstadt, genannt Polestar Space, soll es spätestens bis zum vierten Quartal auch Vertretungen in Graz, Linz, Innsbruck und Salzburg geben. Wenngleich es für offizielle Verlautbarungen noch zu früh ist, dürfen sich Salzburger Interessenten ab Anfang Oktober auf ein Polestar-Logo bei einem bekannten Volvo-Händler in der Salzburger Alpenstraße einstellen.

1000 Probefahrt-Anfragen für Tesla-3

Das Interesse am programmierten Tesla-3-Jäger ist jedenfalls enorm. Laut Thomas Hörmann hält man seit dem Start der Website Anfang April bei 500 (unverbindlichen) Reservierungen sowie 1000 Probefahrt-Anfragen, die, beginnend in Wien, ab dieser Woche abgearbeitet werden. Obwohl der Polestar 2 bei uns erst im September zu bestellen sein wird und die ersten Auslieferungen für Oktober geplant sind, rechnet man mit Verkaufszahlen von "mehreren Hundert Fahrzeugen". Neben der 4,6 Meter langen Elektrolimousine bleibt bis auf Weiteres auch der superexklusive Polestar 1 im Programm - wenngleich die Produktion des nur in Kleinserie hergestellten Hybrid-Sportlers in wenigen Wochen auslaufen wird.

Für die auf der Website aufgerufenen und somit nicht verhandelbaren 55.900 Euro (der Herstelleranteil der Elektroförderung ist dabei schon abgezogen) bekommt man mit dem Polestar 2 ein Elektroauto, das im Grunde alles mindestens so gut kann wie die etablierte Konkurrenz.

Faszinierende Innenraumgestaltung

Optisch kann die vom Österreicher Maximilian Missoni gezeichnete Limousine ihre Verwandtschaft zu Volvo nicht leugnen. Wobei die konsequente Reduktion auf das Wesentliche bei den zukünftigen Modellen noch viel deutlicher im Fokus stehen soll. Im Innenraum trifft man auf einen faszinierenden Mix aus Bang-&-Olufsen-Anmutung und IKEA-Funktionalismus. Obwohl Polestar als weltweit erste Automarke Android Auto als vollständig integriertes Infotainmentsystem anbietet, wird der Verzicht auf analoge Knöpfe nicht unnötigerweise zur Religion erhoben. Die meisten Funktionen werden freilich dennoch über das mittig platzierte Tablet angesteuert, wobei sich der totale Fokus auf Google in jeder einzelnen Menüebene wohltuend bemerkbar macht. Wer jemals ein modernes Smartphone bedient hat, wird sich in einem Polestar garantiert vom Start weg zurechtfinden. Apropos Start: Auf den obligatorischen Powerknopf wird ebenso konsequent verzichtet wie auf einen Wildwuchs an Fahrmodi. Sobald man im höchst ergonomischen Fahrersitz Platz nimmt, ist der Elektroantrieb einsatzbereit. In Summe stehen drei Formen der Rekuperation zur Auswahl, wobei das Ein-Pedal-Fahren für die Stadt ebenso möglich ist wie das widerstandslose Dahinsegeln auf der Landstraße. Passend zur Firmenphilosophie, die das Thema Nachhaltigkeit auf ein völlig neues Level hebt, gibt es für sämtliche Oberflächen und Bezüge natürlich auch vegane, aus Recyclingmaterialien hergestellte Alternativen.

In 4,7 Sekunden auf 100 km/h

Dass man trotz eines bewussten Lebensstils nicht als Spaßbremse gelten muss, beweisen die Fahrleistungen des Polestar 2. Satte 300 kW bzw. 408 PS katapultieren das rund 2,2 Tonnen schwere Fahrzeug in 4,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Das Ende der Fahnenstange ist theoretisch erst bei Tempo 205 erreicht. Anders als Volvo verzichtet man bei Polestar also auf die freiwillige Temporeduktion auf 160 km/h. Zur Motorsporthistorie der Marke Polestar, die ursprünglich bereits 2005 als Rennsport- und Performanceabteilung von Volvo aus der Taufe gehoben wurde, passt auch das hingebungsvoll abgestimmte, optionale Sportfahrwerk, bestehend aus geschmiedeten 20-Zoll-Felgen, Vier-Kolben-Bremssätteln von Brembo sowie manuell einstellbaren Öhlins-Dämpfern. Feinster Oldschool-Maschinenbau trifft auf Digitalismus in Reinkultur - eine Kombination, die sich bei jedem gefahrenen Kilometer bewährt. Der Polestar 2 bietet Fahrspaß auf hohem Niveau, fast ohne schlechtes Klimagewissen. Die 78-kWh-Batterie reicht laut Hersteller für bis zu 470 Kilometer laut WLTP, am Ende des Tages werden davon wohl 400 praxistaugliche Kilometer übrig bleiben.

Wem die klassische Limousinenform nicht zusagt, der darf sich auf weitere spannende Würfe des früheren Volvo-Chefdesigners und jetzigen Polestar-CEO Thomas Ingenlath freuen. Die begonnene Zahlenreihe wird mit den zukünftigen Modellen weitergeführt.