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Präsentation des Audi Q8: China ist Audis neuer Heimmarkt

Die Transformation eines Unternehmens. Warum die Weltpräsentation des Audi Q8 in China erfolgte und welche Bedeutung der Markt bekommen wird.

Vorn extrem wuchtig, hinten sportlich – und möglichst viele „8er“ im
Vorn extrem wuchtig, hinten sportlich – und möglichst viele „8er“ im

Der Ort der Veranstaltung war gut gewählt: Im südchinesischen Shenzhen hat Audi in der Vorwoche sein neues Flaggschiff Q8 präsentiert und ausgiebig über seine Position in China referiert. Als Anfang der Achtzigerjahre die Wahl auf Shenzhen als Sonder-Wirtschaftszone gefallen ist, da hatte der Ort 20.000 Einwohner, heute zählt er 12 Millionen. Es ist die Boomstadt Chinas schlechthin und ein Vorzeigeprojekt: Shenzhen wird als grüne Stadt geplant und gebaut.

Audi in Shenzhen, dem asiatischen Silicon Valley

Auf Anordnung der Regierung gibt es nur E-Taxis, und bis Jahresende werden 16.500 öffentliche Busse auf E-Betrieb umgestellt, im kommenden Jahr sind alle anderen Busse dran. Hier sitzen Chinas Hightech-Betriebe, es ist das asiatische Silicon Valley. Das Vorzeigeunternehmen heißt Huawei und ist bei Audi als Zulieferer der 4-G-Internetkomponenten dabei. Huawei wurde 1987 von vier Herren mit einem Startkapital von 2100 US- Dollar gegründet. Heute zählt man weltweit 188.000 Mitarbeiter, wovon 80.000 im Bereich Forschung und Entwicklung arbeiten, ist in 170 Ländern tätig und setzte 2017 92 Milliarden Dollar um.

Das man hier einen Q8 präsentiert, ist auch kein Zufall: Die Zahl 8 hat in China eine enorme Bedeutung und steht für Glück und Reichtum. Beides hat das China-Investment für Audi gebracht. "Als wir hier im Jahr 2000 starteten, wurden wir von vielen Mitbewerbern belächelt", erzählt Peter Hirschfeld. Er war damals einer von fünf Audi-Mitarbeitern, die in das reichlich exotische Land gingen. 17.500 Autos wurden im ersten Jahr verkauft.

Audi profitiert vom frühen Markteintritt - die Nachfrage in China steigt

Heute lächelt niemand mehr über Audi, für die Ingolstädter machte sich der frühe Markteintritt bezahlt. 207.000 Autos hat man allein von Jänner bis April 2018 in China verkauft, das ist neuerlich ein Plus von 33,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und der Markt ist weit weg von einer Sättigung wie in Europa.

Ganz im Gegenteil: Bis zum Jahr 2025 sollen 54 Prozent der Chinesen in die sogenannte Mittelschicht aufsteigen, das macht über eine halbe Milliarde Menschen aus. Dann wird die Nachfrage nach Automobilen regelrecht explodieren. Für heuer rechnet man mit einem Markt von 30 Mill. Neuzulassungen, rasch steigend in den nächsten Jahren auf 50 Mill. Autos jährlich.

Dafür stellt Audi schon jetzt die Weichen: Durch Verlagerung der Kapazitäten von VW in andere Werke wird man selbst mehr Platz bekommen. Ab 2020 will man in China eine Million Fahrzeuge für den chinesischen Markt produzieren, darunter sieben SUV- und fünf Elektromodelle.

Zum Vergleich: Derzeit setzt man weltweit 1,7 Mill. Fahrzeuge ab (je zu einem Drittel in China, Europa und dem Rest der Welt), ab 2020 wird damit fast jeder zweite Audi aus China kommen oder für China bestimmt sein.

Aber was macht so eine Transformation mit einem Unternehmen?

Schon jetzt unterhält Audi in China ein eigenes Entwicklungszentrum (das in den nächsten Jahren von 280 auf 650 Mitarbeiter aufgestockt werden soll) und ein Designzentrum. Man will wissen, was die Chinesen wünschen und welche Ansprüche sie an ein Auto stellen. Die sind teilweise ganz andere als in Europa. "Papas Heiligtum ist das Auto hier nicht", sagt Joachim Wedler, CEO von Audi China. Das Auto erfüllt ganz andere Zwecke: Fortbewegung, Kommunikation und Unterhaltung.

Und es sind andere Kunden: 65 Prozent aller Audi-Kunden in China erwerben damit ihr erstes Auto überhaupt. Der durchschnittliche A6-Kunde ist in China 35 Jahre alt, in Deutschland 58 Jahre. Die dürfen sich auch über eigene Farben freuen, die es nur für China gibt, und über eigene Modelle. Demnächst beginnt man mit der Produktion von Q5 und Q2 jeweils in Langversion.

Derzeit deutet nichts darauf hin, dass das "goldene Zeitalter" für die Automobil-Hersteller zu Ende gehen könnte. Doch die Gefahr könnte aus einer anderen Ecke kommen: Im Jahr 2020 läuft der Joint-Venture-Zwang für ausländische Hersteller aus, dann könnte sich Audi vom Regierungspartner FAW trennen, was man aber nicht will.

Klar ist aber auch: Bis 2020 haben alle chinesischen Teilhaber so viel Know-how aus den Partnerschaften angesammelt, dass der Zug in die entgegengesetzte Richtung abfahren könnte. Das ist auch Audi-Vorstandschef Rupert Stadler klar, wenn er sagt: "Einfacher wird der Markt hier nicht."