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PSA-Chef Tavares: "Die Politiker sind blind und taub"

Der Portugiese lässt kein gutes Haar an Europas Führung. Die "implementierte Elektrifizierung" schade Europa und nütze Asien. Doch das Geschäft bei PSA läuft bisher gut.

Carlos Tavares, 60, hat die PSA-Gruppe (Peugeot, Citroën, DS, Opel, Vauxhall) in die Gewinnzone geführt und stabilisiert.
Carlos Tavares, 60, hat die PSA-Gruppe (Peugeot, Citroën, DS, Opel, Vauxhall) in die Gewinnzone geführt und stabilisiert.
Weltpremiere feiert in Genf (Salon bis 17. März) der Peugeot 208, den es ab Herbst mit Verbrenner- und ab Jahresende mit E-Motor gibt.
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Citroën-Studie für künftige urbane Mobilität: Der kleine Ami One.
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Carlos Tavares hat den PSA-Konzern 2014 als darniederliegenden Patienten übernommen und ihn schnellstmöglich gesunden lassen. Milliardengewinn statt Pleite, 8,4 Prozent Rendite, sogar beim 2017 übernommenen früheren Verlustbringer Opel/Vauxhall 4,7 Prozent und seit 2018 in der Gewinnzone. Der Konzern steigerte den Absatz 2018 auf 3,88 Mill. Fahrzeuge (plus 6,8 Prozent). "Die Boni für alle Mitarbeiter haben sich über die letzten Jahre mehr als vervierfacht", betont der Portugiese, "die Angestellten bekommen gleich viel wie die Aktionäre an Dividende." Erfolg macht selbstbewusst, und so kann der PSA-Chef nicht nur neue Modelle präsentieren, sondern sich auch massive Kritik an der Politik in der EU leisten.

"Wir erleben eine chaotische Phase", sagt er im Gespräch mit den Juroren von "Autobest". "Die europäischen Politiker hören nicht auf die, die Arbeitsplätze schaffen." Man habe 20 Prozent Reduktion im CO2- Ausstoß von den 95 Gramm 2020 bis 2030 vorgeschlagen, 37,5 wurden beschlossen. "Aber wir verzichteten auf Lobbying, das ist nicht der richtige Weg. Leider sind einige unserer Leader blind, hören nicht auf Vorschläge zum Wohl aller. Wie die EU Elektrifizierung implementiert, das gehörte überdacht." An die Umweltbilanz der Batterien, den Aufbau einer ausreichenden Ladeinfrastruktur, die adäquate Besteuerung sei nicht gedacht worden. Tavares: "Das vollständige 360-Grad-Bild ergibt kein professionelles Management durch die Politik."

Dass die von den Autobauern angebotene Zusammenarbeit von der EU ignoriert werde, "frustriert uns". Tavares kritisiert weiters, dass "die zwangsverordnete Elektrifizierung das Geschäft von Europa weg nach Asien verlagert". Auf Kundenwünsche nach leistbarer Mobilität werde keine Rücksicht genommen. Und der 60-Jährige mahnt: "Die, die jetzt an der Macht sind, werden von Menschen gewählt, die diese Maßnahmen betreffen. Das sollten sie vor der nächsten Wahl überdenken."

Doch Tavares kann auch Positives berichten: Mit der neuen Generation des Kleinwagens 208 kommen gleichzeitig eine Verbrenner- und eine E-Version. In Österreich wird der in Tyrnau (Slowakei) gebaute 208 als Verbrenner im Herbst und wenig später auch in der Elektroversion (mit 340 Kilometern Reichweite) am Start sein. Zwei Mobilitätslösungen für die Zukunft zeigt Citroën: das Kleinstauto Ami One (Seite 39) und den Space Tourer The Citroënist. Die Premiummarke DS setzt auf Elektrifizierung mit den E-Tense-Modellen von DS 3 und DS 7 Crossback. Weit fortgeschritten ist der Einstieg von Peugeot in den US-Markt (vorerst in ausgewählten Regionen) von Atlanta aus - dabei soll ein "höchst innovatives Vertriebskonzept" umgesetzt werden. Die Chancen sieht Tavares gut, "wir werden in den USA als Premiummarke wahrgenommen".