Mittels Ridepooling arbeitet man bei der Volkswagen-Tochter MOIA an der Verkehrsentlastung großer Städte. Bereits ab 2025 sollen Fahrten mit dem voll autonomen ID.BUZZ in Hamburg buchbar und günstiger als eine Taxifahrt sein.

Wie schnell sich die Zielsetzung internationaler Konzerne in Zeiten der Digitalisierung ändern können, konnte man im Rahmen der "Volkswagen New Auto Night" in München hautnah miterleben. Auf dem am Vorabend der IAA stattfindenden, exklusiven Presse-Event gewährt Europas größter Autobauer ausgewählten Journalisten traditionell einen Vorabblick auf die neuesten Topmodelle. In diesem Jahr, erstmals in München anstatt in Frankfurt, holte Volkswagen-CEO Herbert Diess lediglich den Prototyp eines autonom fahrenden VW-Busses vor den Vorhang.
Verkehrsrevolution für staugeplagte Metropolen
Was von so manchem alteingesessenen Kollegen mit ungläubigem Kopfschütteln quittiert wurde, steht sinnbildlich für die vom VW-Chef vorangetriebene Transformation vom Fahrzeughersteller zu einem weltweit führenden softwaregetriebenen Mobilitätsanbieter. Tatsächlich plant die Nutzfahrzeugsparte von VW nicht weniger als die Verkehrsrevolution für die staugeplagten Metropolen der Welt. Die Basisarbeit dafür leistet der Mobilitätsdienstleister MOIA, ein Tochterunternehmen von Volkswagen, schon jetzt in den Städten Hannover und Hamburg. Seit Sommer 2018 bzw. April 2019 betreibt man dort einen digitalen Ridesharing-Dienst, bei dem vollelektrische Shuttles mittels Smartphone-App für Fahrten durch das Stadtgebiet gebucht werden können. Anders als bei Ridehailing-Angeboten wie Uber und Lyft oder klassischen Taxifahrten besteht der Vorteil des von MOIA bevorzugten Ridepooling-Konzepts darin, dass mehrere Fahrgäste mit ähnlichen Routen in einem Fahrzeug kombiniert werden. Der Vorteil: Während Taxis ebenso wie Busse des öffentlichen Verkehrs nicht selten leer ihre Kreise ziehen, ist beim Ridepooling das Verhältnis von produzierten Personenkilometern zu gefahrenen Fahrzeugkilometern enorm hoch. Diese Kennzahl ist für Städte entscheidend, wenn es darum geht, die Verkehrsbelastung der Innenstädte in Zukunft entscheidend zu reduzieren. "Die größte Herausforderung im Stadtverkehr besteht darin, dass sich die Nachfrage sehr stark und schnell im Tagesverlauf ändert und dass man das Angebot an Mobilitätslösungen praktisch in Echtzeit anpassen muss", so Robert Henrich, Geschäftsführer von MOIA.

Dieses "Demand-Supply-Matching", wie es die Experten nennen, wird bei MOIA von einer smarten Software übernommen. Dadurch wird es möglich, dass Shuttles zeitgerecht zu den Kunden geschickt werden, bevor diese überhaupt eine Anfrage geschickt haben. "Die von uns ausgewerteten Daten verraten uns, an welchem Wochentag, zu welcher Uhrzeit, in welchem Stadtteil und bei welchem Wetter die Nachfrage entstehen wird", erklärt Henrich, der sich dennoch mit Herausforderungen konfrontiert sieht. "Die Kunst besteht darin, die Kapazität eines Stadtbusses mit dem Komfort einer Taxifahrt so zu kombinieren, dass die einzelnen Fahrgäste vom Pooling der Fahrten nichts mitbekommen und dennoch eine sehr direkte und schnelle Fahrt zu ihrem individuellen Ziel bekommen."
Geschäftsmodell der Zukunft?
Denn wenngleich die Fahrgäste wissen, dass das Ridepooling effizient und auch günstig ist, ist die Akzeptanz für Umwege doch völlig unterschiedlich. Robert Henrich: "Am Anfang einer Fahrt macht es den Fahrgästen wenig aus, ein oder zwei Minuten zu verlieren. Am Ende, wenn das Ziel schon fast in Sichtweite ist, sinkt jedoch die Akzeptanz, noch einmal - aus ihrer Sicht falsch - abzubiegen, gegen null." Dennoch sieht man bei MOIA in Ridepooling das Geschäftsmodell der Zukunft. Spätestens dann, wenn die Kosten durch das autonome Fahren nochmals dramatisch sinken werden. Schon jetzt bietet der Mobilitätsdienstleister Fahrten in Hamburg zum Kilometerpreis von einem Euro an, während Taxis rund doppelt so teuer sind. Fahren ab 2025 tatsächlich die ersten autonomen MOIA-Shuttles durch Hamburg, so erwartet man ein nochmaliges Sinken der Preise um die Hälfte. Spätestens dann sollte die per App gebuchte Fahrgemeinschaft absolut konkurrenzfähig sein.
Tests derzeit in 6 US-Städten
Die Technik dafür liefert das US-Unternehmen Argo AI mit Sitz in Pittsburgh. In Zusammenarbeit mit Ford und VW testet man die mit unzähligen Sensoren und Kameras bestückten Fahrzeuge bereits jetzt in sechs US-Metropolen. Bis Ende des Jahres sollen die VW-Prototypen dann nicht mehr nur am firmeneigenen Versuchsgelände, sondern auch durch München fahren und dabei wertvolle Daten sammeln.

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