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VCÖ-Studie kritisiert Infrastruktur

Statt neuer Straßen seien mehr Radwege, Schienen und Ladepunkte notwendig.

Die Radinfrastruktur muss deutlich erhöht werden.
Die Radinfrastruktur muss deutlich erhöht werden.

Österreich hat bald nur noch 18 Jahre Zeit, um das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2040 zu erreichen. Im Verkehr ist der Verbesserungsbedarf am größten. Während andere Sektoren, wie etwa Gebäude oder Energie, weniger Treibhausgase verursachen als im Jahr 1990, stößt der Verkehr nach wie vor deutlich mehr CO2 aus. Aktuell wird Österreich von rund 126.000 Kilometern Straße durchzogen: 2257 Kilometer Autobahnen und Schnellstraßen, fast 34.000 Kilometer Landesstraßen und rund 90.000 Kilometer Gemeindestraßen. Dem gegenüber stehen rund 5600 Kilometer Schiene. Während zwischen 2000 und 2021 das Autobahn- und Schnellstraßennetz um rund 320 Kilometer länger und auch deutlich breiter wurde - der Anteil der Strecken mit drei oder mehr Spuren pro Fahrtrichtung stieg von fünf auf 18 Prozent -, schrumpfte das Schienennetz im gleichen Zeitraum um 535 Kilometer.

Wer bestimmt unser Mobilitätsverhalten?

"Die Infrastrukturpolitik bestimmt auf Jahrzehnte das Mobilitätsverhalten. Von der Verkehrswissenschaft ist erwiesen: Werden Straßen ausgebaut, nimmt der Kfz-Verkehr zu. Wird die Schiene ausgebaut, fahren mehr Menschen mit der Bahn. Wird die Radinfrastruktur verbessert, wird mehr Rad gefahren", fasst VCÖ-Experte Michael Schwendinger ein Ergebnis der kürzlich veröffentlichten VCÖ-Publikation "Infrastrukturen für die Verkehrswende" zusammen.

Welche Änderungen sind notwendig?

Ein deutlich klimaverträglicheres Mobilitätsverhalten ist laut VCÖ Voraussetzung, damit Österreich die Klimaziele erreicht. Das Umweltbundesamt hat für den Mobilitätsmasterplan des BMK die notwendigen Änderungen berechnet: Die mit Pkw zurückgelegten Personenkilometer müssen bis zum Jahr 2040 um rund ein Viertel im Vergleich zum Jahr 2018 reduziert werden. Im gleichen Zeitraum ist der Anteil der mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahrenen Kilometer um die Hälfte von 27 auf 40 Prozent zu erhöhen und der Anteil der aktiven Mobilität von drei auf sechs Prozent zu verdoppeln.

Infrastruktur-Angebot bestimmt Nachfrage

Bezogen auf die zurückgelegten Wege muss der Anteil des öffentlichen Verkehrs von 16 auf 23 Prozent steigen und der Anteil von Gehen und Radfahren von 23 auf 35 Prozent. Der Anteil der Autofahrten ist von 61 auf 42 Prozent zu reduzieren, um das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2040 zu erreichen. Das Infrastruktur-Angebot bestimmt die Nachfrage. Ausbau des Schienennetzes, häufigere Verbindungen und eine kürzere Reisezeit führen zu einem Umstieg vom Auto auf die Bahn und zu mehr Fahrgästen. In der Schweiz nahm das Angebot von Bahn, Straßenbahn und Linienbus um rund 40 Prozent seit dem Jahr 2000 zu. Im gleichen Zeitraum sind die Fahrten mit dem öffentlichen Verkehr um das Eineinhalbfache gestiegen, die Anzahl der Generalabonnements hat sich auf fast eine halbe Million verdoppelt. Das Gleiche gilt für die Radinfrastruktur: Ausbau und Verbesserung sowie mehr Platz für das Radfahren erhöhen den Anteil des Radverkehrs.

Erhaltungskosten steigen zunehmend

Nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer Perspektive ist der Status quo bedenklich: Die Erhaltungskosten für das dichte Straßennetz in Österreich steigen zunehmend an. Viele Straßen haben ein Alter erreicht, in dem eine - teurere - Generalsanierung nötig ist. Allein bei den Autobahnen und Schnellstraßen haben sich die Erhaltungskosten von 284 Millionen Euro im Jahr 2005 auf 527 Millionen im Jahr 2020 fast verdoppelt. Was heute gebaut wird, verursacht zusätzliche Erhaltungskosten für die kommende Generation.