Eine Woche ist seit den Überschwemmungen Österreichs vergangen. Wenngleich mancherorts immer noch der Ausnahmezustand herrscht, sind die Aufräumarbeiten anderswo bereits weit fortgeschritten. Damit einher geht vielfach die Frage, wie man als Autobesitzer mit einem Fahrzeug umgehen soll, das mehr oder weniger vom Hochwasser erwischt wurde.
Motor im Wasser: Abschleppen unabdingbar
Die Experten vom ÖAMTC haben auf diese Frage unmissverständliche Antworten parat. "Wenn der Motorraum mit Wasser in Kontakt gekommen ist, muss aus Sicherheitsgründen eine Abschleppung erfolgen", so ÖAMTC-Techniker Steffan Kerbl. "Wenn sich Wasser im Zylinder befindet, kann bei einem Startversuch ein sogenannter Wasserschlag auftreten, ein Motorschaden kann die Folge sein." Fahrzeuge, die mehrere Stunden derart tief im Wasser waren, müssen auf jeden Fall abgeschleppt und in einer Fachwerkstätte trockengelegt werden. Ungeachtet der tatsächlichen Intensität des Hochwassers bzw. der Höhe des maximalen Wasserstands raten die Experten des Mobilitätsclubs allen Betroffenen in Hochwassergebieten davon ab, bei ihren Fahrzeugen auf gut Glück einen Startversuch des Autos zu unternehmen.
Hochwasserschaden beim Auto: Wann zahlt die Versicherung?
"In jedem Fall gilt es nicht in den Verdacht einer fahrlässigen Handlung zu kommen", bestätigt Christina Holzer-Weiß. Verkehrsjuristin und Versicherungsexpertin beim ÖAMTC Salzburg. Darunter würde beispielsweise auch fallen, den eigenen Pkw trotz einschlägiger Starkregen-Warnungen in einer Tiefgarage oder in unmittelbarer Nähe eines Hochwasser führenden Flusses zu parken. "Dadurch würde man gegenüber der Versicherungsgesellschaft unweigerlich in Erklärungsnot geraten", so Holzer-Weiß.
Generell gilt, dass Fahrzeugschäden durch Hochwasser bei Vollkaskoversicherungen abgedeckt sind, solange diese ausdrücklich auch "Naturgewalten" umfassen. Eine Ausnahme bilden Stürme mit Windgeschwindigkeiten von über 60 km/h - diese gelten aus Sicht der Versicherungen als "höhere Gewalt". Anders ist die Situation bei einer Teilkaskoversicherung: Hier rät die Expertin dazu, sich die tatsächlichen Versicherungsbedingungen im Detail anzusehen und im Zweifelsfall das Gespräch mit dem zuständigen Ansprechpartner zu suchen. Im besten Fall geschieht das bereits beim Vertragsabschluss. Dabei sollten auch die jeweiligen Selbstbehalte sowie die Abdeckung des "Garagenrisikos" thematisiert werden. Hatte man Glück und die Wasserlinie lag unterhalb der Felgenmitte, so sind in der Regel keine Funktionsprobleme zu erwarten. In diesem Fall blieben alle beweglichen Teile sowie die elektrischen Installationen trocken. Lediglich die Traggelenke, Spurstangen sowie die Bremsen sollten sicherheitshalber überprüft werden.
Wenn die Wasserlinie über der Radmitte lag, sind bereits Radlager und Antriebswelle betroffen. Wenn das Fahrzeug diesen Bedingungen über mehrere Stunden oder sogar Tage ausgesetzt ist, dringt Wasser in die Lager und Gelenke ein. "Dort bleibt es leider auch nach Absinken des Wasserspiegels", so Steffan Kerbl. Steigt der Wasserspiegel über die Türkante, ist Gefahr in Verzug: Wasser, Sand und Schlamm dringen dann in den Innenraum und in die Hohlräume der Karosserie ein. Tiefer liegende Teile der Elektronik können Schaden nehmen - ein Werkstattaufenthalt ist dann unausweichlich. Bis zum Eintreffen des Abschleppdienstes kann man versuchen, das Fahrzeug, ohne es zu starten, aus dem tiefen Wasser zu schieben. Vorausgesetzt, dies ist ohne Gefahr möglich. Davor sollte - falls möglich - die Batterie abgeklemmt werden.
Stichwort Batterie: es geht kein Risiko von überfluteten E-Autos aus
Laut Michael Kocher, beim ÖAMTC Salzburg verantwortlich für den Bereich Technische Innovationen, geht von vollelektrischen Fahrzeugen und Hybriden im Fall einer Überflutung seitens der verbauten Hochvolt-Akkus keinerlei Risiko für die Umgebung aus. "Die Lithium-Ionen-Akkus sind ebenso wie die dazugehörige Verkabelung in aller Regel absolut wasserdicht", so Kocher. Ungeachtet dessen rät der Experte davon ab, mit E-Autos, die unter Wasser stehen, unnötigerweise zu hantieren. Auch das Abschleppen sollte keinesfalls selbst organisiert werden. Wenngleich das Risiko eines Stromschlags im Umfeld eines im Wasser stehenden E-Autos gegen null tendiert, so unterscheiden sich die zu erwartenden Schäden nur geringfügig von jenen bei konventionellen Autos mit Verbrennungsmotor. "Im Gegensatz zu den Hochvolt-Komponenten ist der Elektromotor nicht wasserdicht. Mit dem Wasser dringt auch feiner Sand und anderer Dreck ein. Dieser macht durch die Reibung alles kaputt, sobald der E-Motor gestartet wird." Kaum besser sieht es bei Hybriden aus - im Gegenteil: Im Extremfall sind beide Antriebe betroffen, der Wertverlust übersteigt in der Folge sicher den Fahrzeugwert.