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Zukunftsmodell Obus - Neue eObusse erobern die Stadt

Bis vor wenigen Jahren galten Oberleitungsbusse als veraltete Technik. Der Trend zur Elektrifizierung des öffentlichen Verkehrs sorgt nun für ein Umdenken.

Mit neuer Lade- und Speichertechnik ausgestattet, hat der Obus Zukunftspotenzial.
Mit neuer Lade- und Speichertechnik ausgestattet, hat der Obus Zukunftspotenzial.

Was hat Salzburg mit Metropolen wie San Francisco, Vancouver, Moskau, Mexico-City und Peking gemeinsam? Alle diese Städte setzen auf den Obus als Verkehrslösung. In Sachen Betriebszeit (durchgängig seit 1940) sowie Wachstum (Verdoppelung seit 1973) verläuft die lokale Obus-Historie allerdings komplett entgegen dem internationalen Trend. Global betrachtet schien der Oberleitungsbus lange Zeit unterwegs in Richtung Abstellgleis: Von den ehemals fast 900 Betrieben weltweit - ein Großteil davon in Osteuropa, den ehemaligen Sowjet-Nachfolgestaaten und Asien - wurden seit der Blütezeit in den 1960er-Jahren etwa 550 Netze wieder stillgelegt. Auch hierzulande haben sich Städte wie Wien und Graz längst vom Obus verabschiedet. Neben dem Salzburger Obus existieren lediglich noch fünf weitere Linien in Linz.

Der Obus feiert mit neuen eObussen ein Comeback

Dennoch stehen die Chancen für ein Obus-Comeback im großen Stil heute besser denn je. Unzählige feinstaubgeplagte Städte suchen aktuell nach Möglichkeiten, den öffentlichen Verkehr emissionsfrei zu betreiben. Und entdecken dabei die zwischenzeitlich in Vergessenheit geratenen Oberleitungsbusse als praxistaugliche und umweltfreundliche Alternative zu Dieselbussen wieder. Möglich macht das Comeback die sogenannte Dynamic-Charging-Technologie, bei der die vergrößerten Akkus der Obusse während der Fahrt über die Stromleitung aufgeladen werden. Der Vorteil: Die neuen "eObusse" können auch längere Teilstrecken ohne Oberleitung befahren. Neben Salzburg, wo bis Mitte 2020 15 neue "eObusse" angeschafft werden, prüft aktuell auch die Stadt Solingen in Nordrhein-Westfalen den Ausbau des bestehenden Obus-Betriebs. Mit einer Streckenlänge von 56,6 Kilometern, sechs Linien und 51 Gelenkbussen ist das Obus-Netz der 160.000-Einwohner-Stadt unweit Düsseldorfs das größte seiner Art in Deutschland - und damit mit Salzburg vergleichbar. Das Ziel, den gesamten Nahverkehr in Solingen zu elektrifizieren, fördert das deutsche Verkehrsministerium nun mit 15 Millionen Euro. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von der Uni Wuppertal. "Der Obus ist eine unglaublich robuste, über viele Jahrzehnte erprobte Technologie", ist Thoralf Knote, Wissenschafter am Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme in Dresden, überzeugt. Allerdings auch sehr teuer: Ein Kilometer Stromleitung kostet bis zu einer Million Euro - und das rechnet sich nur auf Linien mit hohem Fahrgastaufkommen. Reine Batteriebusse, wie sie aktuell in hoher Stückzahl in Städten wie Paris, München, Berlin oder Hamburg angeschafft werden, kommen mit einer Ladung nur bis zu 200 Kilometer am Tag - zu wenig für den Betrieb in einer Großstadt. Hybridbusse hält der Wissenschafter deshalb für eine naheliegende Alternative: Knote: "Sind 40 Prozent einer Linie mit Leitungen versehen, lohnt sich das schon."

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