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Einstiegsdroge - Das 911 Carrera Coupé im Test

Wie schneidet das 911 Carrera Coupé im SN-Autotest ab?

Die unverwechselbare Formsprache wurde über Jahrzehnte weiterentwickelt.
Die unverwechselbare Formsprache wurde über Jahrzehnte weiterentwickelt.

Wer reflexartig die Augen verdreht, wenn er den Namen Porsche auch nur von der Ferne hört, sollte hier bitte nicht weiterlesen. Es ist vermutlich dem Zeitgeist geschuldet, dass es sich im Jahr 2020 anders anfühlt, mit einem Porsche 911 Carrera im Alltag unterwegs zu sein, als noch vor ein paar Jahren. Das liegt einerseits an den moralisch aufgeladenen, vorwurfsvollen Blicken anderer Verkehrsteilnehmer, wenn man im Porsche neben ihnen an der Ampel zu stehen kommt. Das gab es natürlich auch schon früher. Allerdings wurden diese negativen Schwingungen meist von den bewundernden Blicken und der ehrlichen Begeisterung echter Autofans überlagert.

Das ärgert insofern, als es unzählige Autos gibt, deren Sinnhaftigkeit, geschweige denn deren Kosten-Nutzen-Rechnung für den Besitzer selbst als auch für die Gesellschaft im Allgemeinen weitaus zweifelhafter ist als die eines Porsche 911. Stichwort Luxus-SUV. Natürlich "braucht" niemand einen Sportwagen mit 385 PS und einem offiziellen CO2-Ausstoß von 233 Gramm pro Kilometer, um damit zum Einkaufen zu fahren oder das Kind in die Schule zu bringen. Davon abgesehen, dass das in einem Elfer natürlich grundsätzlich möglich ist. Andererseits fühlt es sich bei Weitem ehrlicher an, in einem engen, niedrigen, ganz auf Effizienz getrimmten Sportwagen dicht über dem Asphalt zu sitzen und sich dabei an höchster Ingenieurskunst zu erfreuen, als in einem 2,5 Tonnen schweren Pseudo-Geländewagen mit 400+ PS und Alibi-Hybridantrieb ins Büro zu pendeln. Vor allem, wenn das dazugehörige Ladekabel zu Hause in der Garage verstaubt. Außerdem: Wer auf einen 911 spart, behält diesen im Normalfall viele, viele Jahre und betrachtet ihn nicht selten als Wertanlage für nachfolgende Generationen. So gesehen könnte man behaupten, dass ein moderner Sportwagen, wenn er ganz im Sinne des Erfinders verwendet und bewegt wird, einen vernachlässigbaren ökologischen Fußabdruck besitzt. Zur Erinnerung: Seit 1964 wurden in Österreich gerade einmal 11.300 Porsche 911 verkauft. Das sind im Durchschnitt 200 Elfer pro Jahr, und das reicht kaum für einen ordentlichen Verkehrsinfarkt.

Im Test: Porsche 911 Carrera

Sportwagen mit Sechszylinder-Boxermotor, Heckantrieb, 8-Gang-DKP, 283 kW/385 PS, Verbrauch 10,3 l, CO2: 233 g/km, im Test 9,8 Liter, Preis ab 127.657 Euro, Testfahrzeug: 138.162,26 Euro.

Was gefällt:
Der bewusste Verzicht auf optische Kraftmeierei.

Was weniger gefällt:
Die moralischen Blicke anderer Verkehrsteilnehmer.

Was überrascht:
Wie unaufgeregt der Elfer sich im Stadtverkehr bewegen lässt.

Perfekt für:
Alle, die nicht auf PS-Superlative schielen.

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