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10 Gebote für weniger CO₂

Österreich liegt beim Klimaschutz zurück. Pro Kopf und Jahr verursacht der Verkehr hierzulande 2,76 Tonnen Kohlendioxid.

Österreich hat den dritthöchsten Kohlendioxidausstoß in der Europäischen Union.
Österreich hat den dritthöchsten Kohlendioxidausstoß in der Europäischen Union.

Der Straßenverkehr ist Österreichs größtes Klimaschutzproblem. Laut einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) lagen die Emissionen sogar im verkehrsarmen Coronajahr 2020 55 Prozent über jenen des Jahres 1990. Vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie emittierte der heimische Verkehrssektor 2,76 Tonnen Kohlendioxid pro Kopf und Jahr - und lag damit um 49 Prozent über dem Durchschnitt der EU-27. Selbst ohne den Flugverkehr kommt Österreich damit auf den dritthöchsten CO2-Ausstoß pro Kopf in der Union. Geht es nach dem Verkehrsclub Österreich (VCÖ), so lohnt ein Blick auf die jeweiligen Vorreiter in zehn Bereichen.

1. Elektroautos
Neben Norwegen, wo im Vorjahr bereits mehr als die Hälfte der neu zugelassenen Pkw mit Strom fuhren, liegen die Niederlande mit einem E-Auto-Anteil von 20 Prozent an der Spitze der EU. In beiden Staaten kostet nicht nur Diesel und Benzin deutlich mehr als in Österreich, auch die Zulassungssteuer beim Autokauf ist höher.

2. Carsharing
Die rund 1,6 Millionen Zweitautos in Österreich sind im Schnitt nur eine halbe Stunde täglich im Einsatz. Optimale Voraussetzungen für den geteilten Auto-Einsatz. In Deutschland hat das 2019 beschlossene Carsharing-Gesetz einige Anreize gesetzt, so etwa die Gebührenbefreiung von Abstellplätzen für Carsharing-Fahrzeuge.

3. Mobility as a Service (MaaS)
Flexible Mobilitätsangebote machen ein eigenes Auto überflüssig. Via App erfolgen Routenplanung, Buchung und Abrechnung von öffentlichen Verkehrsmitteln kombiniert mit Sharing-Angeboten von Autos, Fahrrädern, E-Bikes und Scootern. Vorreiter bei MaaS sind Schweden und Finnland.

4. Lkw-Maut und Dieselprivileg
Die Lkw-Maut ist die wichtigste Maßnahme, um den Güterverkehr auf die Schiene zu bringen. Als Vorbild gilt dabei die Schweiz, wo es seit 2001 eine Lkw-Maut für das gesamte Straßennetz gibt. Zudem gibt es ebenso wie in Großbritannien und Schweden keine Steuerbegünstigung für Diesel.

5. Rad-Infrastruktur
Vier von zehn Autofahrten in Österreich sind kürzer als fünf Kilometer, sechs von zehn kürzer als zehn Kilometer. Der Boom der E-Bikes ermöglicht sogar größere Distanzen. Was vielerorts noch fehlt, ist ein gut ausgebautes Radwegenetz mit möglichst kreuzungsfreien Verbindungen vom Umland in die Städte. Vorbild ist hier die Großstadtregion Kopenhagen mit zwölf Radschnellwegen mit einer Gesamtlänge von 200 Kilometern. Seit deren Errichtung stieg die Zahl der Radfahrer auf den Strecken um 40 Prozent.

6. Pendlerpauschale ökologisieren
Um die Klimabilanz des Pendlerverkehrs zu verbessern, können in der Schweiz die Kosten für Öffis zur Gänze von der Steuer abgesetzt werden. Wer mit dem Rad pendelt, kann umgerechnet 630 Euro geltend machen. In Belgien gibt es pro Rad-Kilometer 23 Cent Pendlerpauschale, Unternehmen können weitere 23 Cent steuerfrei dazuzahlen.

7. CO2-Besteuerung
Die 20 Prozent der Haushalte mit den höchsten Einkommen verursachen bei der Mobilität fast fünf Mal so viel CO2 wie jene 20 Prozent mit den niedrigsten Einkommen. Eine CO2-Bepreisung würde dazu führen, dass jene, die mehr CO2 emittieren, auch mehr dafür zahlen. In British Columbia wurde ein sozial gestaffelter Ökobonus eingeführt, der für einen zusätzlichen sozialen Ausgleich sorgt.

8. Tempolimits
Die Staaten mit der höchsten Verkehrssicherheit in Europa haben eines gemeinsam: Die Tempolimits sind niedriger als in Österreich. Laut Umweltbundesamt könnten niedrigere Tempolimits jährlich 828.000 Tonnen CO2 und 330 Millionen Liter Treibstoff einsparen.

9. Low-Emission Zones
Um die Luftverschmutzung durch Verkehrsabgase zu reduzieren, führen die Niederlande bis 2025 in 14 Städten emissionsfreie Lieferzonen ein.

10. Verkehrsberuhigung
Barcelona setzt auf Superblocks, Paris auf das Konzept der 15-Minuten-Stadt und reduziert die Anzahl der Pkw-Abstellplätze um 70.000 auf die Hälfte. In Brüssel gilt flächendeckend Tempo 30, ebenso in Helsinki.

STANDPUNKT
Florian T. Mrazek

Hausverstand statt schlechtes Gewissen
Ganz ehrlich: Klimaschutz tut manchmal richtig weh. Bei Nieselregen und einstelligen Temperaturen das eigene Auto stehen zu lassen und aufs Fahrrad oder in den Obus umzusteigen ist definitiv nicht jedermanns Sache. Und ja, wenn die siebenjährige Tochter einmal wieder besonders schwer aus dem Bett kommt, dann bleibt in letzter Konsequenz halt manchmal nur der Ausweg, sie in letzter Sekunde mit dem Auto zur Schule zu chauffieren. Bildung hat schließlich Vorrang. Dass die tadelnden Blicke Lastenrad fahrender Miteltern den Klimasünder dank wöchentlich wechselnder Testautos meist nicht dingfest machen können, beruhigt das eigene Ökogewissen nur bedingt.

Das eigentliche Problem liegt allerdings nicht in der gelegentlichen Bequemlichkeit des Einzelnen. Sondern in der Weigerung großer Teile der Politik, den Erkenntnissen der Wissenschaft endlich die notwendigen politischen Konsequenzen folgen zu lassen. Laut Berechnungen des Wegener-Centers der Universität Graz und des WIFO schlagen die Klimaschäden in Österreich bereits mit einer Milliarde Euro pro Jahr zu Buche. Bis zum Jahr 2050 rechnen Experten mit einer Zunahme der von Klimaschäden verursachten Kosten auf bis zu zwölf Milliarden Euro. In dieser Kalkulation noch gar nicht enthalten sind die externen Kosten des Verkehrs wie etwa Umwelt- und Gesundheitsschäden sowie Unfallfolgekosten. Der mangelnde Klimaschutz kommt den Staat - und damit letztendlich den Steuerzahlern - also extrem teuer.

Wenn dann Teile der Salzburger Stadtpolitik verbissen um jeden einzelnen Parkplatz kämpfen, anstatt den Weg frei zu machen für längst überfällige Fahrradwege, auf denen Pendler sicher und klimafreundlich vom Umland bis direkt vors Büro radeln können, kann man nur noch den Kopf schütteln.

Gleiches gilt übrigens auch für das Vorhaben, die Erweiterung der Altstadtgarage gegen jede Vernunft als verkehrspolitisch zukunftsweisende Investition zu vermarkten. Während in Paris, Barcelona oder Berlin ganze Straßenzüge von Autos befreit und die so nutzbaren Lebensräume den Menschen zurückgegeben werden, zementiert man in Salzburg die während der Festspielzeit von den Garagen bis an den Stadtrand reichenden Staus bis in alle Ewigkeit in die Tiefen des Mönchsbergs ein.