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"Lust am Abenteuer" - Ford stellt sich in Europa völlig neu auf

Rechtzeitig zum 120. Geburtstag bringt die neue "Lust am Abenteuer" einen Imagewandel für die Traditionsmarke.

Die Lawine der Elektrifizierung zwingt die gesamte Automobilbranche dazu, sich radikal zu verändern. Eine Marke, bei der man die bevorstehende Transformation besonders ernst zu meinen scheint, ist Ford. Wobei man es bei dem traditionsreichen Hersteller, dessen Gründung sich im kommenden Jahr bereits zum 120. Mal jährt, nicht bei einem Austausch von Benzin- und Dieselmotoren gegen vollelektrische Antrieb belässt. Vielmehr stellt sich der nach Toyota, Volkswagen, General Motors, Hyundai und Stellantis sechstgrößte Autohersteller der Welt in den kommenden Jahren auf völlig neue Räder. Deutlich sichtbar wurde dies bei dem jüngsten Medienevent der Marke im mondänen Kitzbühel, zu der auch Christian Weingärtner, der geschäftsführende Direktor für Ford Deutschland, Österreich und die Schweiz extra aus Köln anreiste. Das Motto der Veranstaltung deckte sich dabei mit dem inoffiziellen Claim, den der 40-jährige gebürtige Münchner seit seinem Amtsantritt Anfang Februar dieses Jahres vor sich herträgt: "Adventurous Spirit" - Lust am Abenteuer.

"Wir konzentrieren uns ab sofort auf jene Produkte, die nur Ford kann."
Christian Weingärtner (CEO Ford DACH-Region)

Mehr Ford werden, anstatt weniger

Ford sei in Europa im Pkw-Bereich, gemessen an den Stückzahlen, ein eher kleinerer Anbieter, so Weingärtner. "Unsere Produkte waren in der Vergangenheit im Vergleich zum Wettbewerb manchmal ein wenig austauschbar und zudem stets eine Spur günstiger. Mit einem Marktanteil von sechs Prozent in Europa haben wir dementsprechend auch Skalennachteile gegenüber den Wettbewerbern." Aus einer schlechteren Kostenposition heraus sei es wahnsinnig schwierig zu bestehen. Vor allem, wenn man dann auch noch günstiger sein möchte. Das ginge sich schlicht und einfach nicht aus, so Weingärtner.

"Daher werden wir unser europäisches Pkw-Geschäft neu denken und künftig deutlich pointierter auftreten. Wir werden spannender und emotionaler und konzentrieren uns auf jene Produkte, die nur Ford kann", schildert der CEO der DACH-Region die neue Markenausrichtung. "Was wir dabei keinesfalls wollen, ist es, eine aufgesetzte Strategie zu verfolgen. Ford wird niemals Premium sein. Wir wollen stattdessen mehr Ford werden, anstatt weniger", so Weingärtner, der als Basis für den mehr auf Lebens- und Freiheitsgefühl abzielenden Neustart der Marke in Europa dessen erfolgreiche Positionierung im Heimatmarkt USA nennt. "In Amerika wird Ford viel klarer, breitbeiniger wahrgenommen. Wir stehen dort für Freiheit und Abenteuer. Und auch in Europa wollen wir in Zukunft nur noch solche Dinge machen."

"Langweilige Elektroautos gibt es schon genug am Markt"

Exemplarisch für diese Neuausrichtung stellte die Marke in Kitzbühel gleich drei neue Modelle in den Fokus. Den Anfang machte die neue Raptor-Version des Pickups Ranger, die diese Tage auch an die ersten Kunden in Österreich ausgeliefert wird. Ausgerüstet mit einem serienmäßigen 10-Gang-Automatikgetriebe und einem elektronisch gesteuerten, permanenten Allradantrieb, wird der Raptor von einem neuen V6-Benziner mit Twin-Turbo-Aufladung, drei Litern Hubraum und 292 PS angetrieben. Neu sind auch das elektronisch bedarfsgesteuerte, zweistufige Verteilergetriebe und nun zwei sperrbare Differenziale vorne und hinten. Das Zusammenspiel von sieben frei wählbaren Fahrprogrammen und üppigen Federwegen von bis zu 290 Millimetern macht den Ford Ranger Raptor wohl zu einem der geländetauglichsten Fahrzeugen auf dem heimischen Markt.

Im Windschatten der knapp 80.000 Euro teuren Topversion des Ranger bringt Ford mit dem Bronco eine echte Geländewagen-Ikone erstmals auch auf den alten Kontinent. Angelehnt an das erstmals im Jahr 1966 vorgestellte Original, wurde der martialische, in Michigan gebaute Zweitonner 2020 in den USA neu aufgelegt. Auf seinem Heimatmarkt ist der Bronco seither derart erfolgreich, dass Ford den kantigen Offroader im kommenden Frühjahr auch nach Österreich bringt. In Europa wird der Bronco ausschließlich als links gelenkter Viertürer verfügbar sein, motorenseitig stehen ein 2,3-Liter-Vierzylinder mit 304 PS sowie ein 2,7-Liter-Sechszylinder mit 335 PS zur Auswahl. Traditionell als robustester und vielseitigster Geländewagen der Marke ausgelegt, bietet der Bronco eine ganze Reihe hochmoderner Offroad-Assistenzsysteme. Neben der "Trail Control", einer Art Tempomat fürs schwere Gelände, sticht dabei vor allem der sogenannte "Trail Turn Assist" heraus: Per Knopfdruck wird dabei das kurveninnere, hintere Rad blockiert, wodurch sich der Wendekreis auf losem Untergrund um bis zu 40 Prozent verringert.

Komplettiert wurde das Neuheiten-Trio vom F-150 Lightning, der Elektro-Version jenes XXL-Pickups, das seit nunmehr 45 Jahren die Zulassungsstatistik in den USA anführt. Dass das annähernd drei Tonnen schwere und knapp sechs Meter lange Pritschenwagen nicht nach Europa importiert wird, versteht sich fast von selbst. Vielmehr soll die erfolgreich elektrifizierte F-Serie jenen Fahrplan symbolisieren, mit dem Ford bis 2030 alle Pkw-Modelle und bis 2035 das komplette Fahrzeugangebot elektrifizieren will. "Langweilige Elektroautos gibt es schon genug am Markt. Wir wollen beweisen, dass Elektromobilität auch Spaß machen kann", so Christian Weingärtner. Dass man durch die stärkere Ausrichtung auf Offroader und Pickups bestehende Kunden verliert, nimmt man billigend in Kauf. Bereits im kommenden Jahr werden zwei neue, im Vergleich zum F-150 weitaus zivilere E-Modelle für den europäischen Markt vorgestellt, darunter ein elektrisches SUV. Gebaut werden die Stromer im Ford-Werk in Köln. Um die Produktionskapazitäten frei zu machen, erhalten sowohl der aktuelle Fiesta, als auch der Focus ab 2025 keinen Nachfolger mehr.

Mit dem Ford Bronco kommt eines der erfolgreichsten US-Modelle von Ford ab dem kommenden Frühjahr auch nach Österreich.ford
Mit dem Ford Bronco kommt eines der erfolgreichsten US-Modelle von Ford ab dem kommenden Frühjahr auch nach Österreich.ford