SN.AT / Leben / Mobilität

Plug-in-Hybridantrieb: Einstecken, aber richtig

Für die einen sind Hybride das Beste zweier Welten. Zu kompliziert und zu teuer, sagen die anderen. Eine Anleitung, für wen, wann und unter welchen Bedingungen der Plug-in-Hybridantrieb sinnvoll ist.

Zuwachs von Ansteckmöglichkeiten
Zuwachs von Ansteckmöglichkeiten

Glaubt man den Marketingsprechern der Autohersteller, so bieten Plug-in-Hybride ja "das Beste aus zwei Welten". In der Theorie erscheint die Möglichkeit, je nach Strecke und persönlichem Fahrprofil wahlweise mit dem Verbrennungsmotor oder rein elektrisch zu fahren, als ökologisch wie ökonomisch sinnvoller Ansatz. Ganz nach dem Motto: wochentags mit Strom ins Büro, am Wochenende mit Familie und Hund ins Grüne mit Benzin oder Diesel. Dazu kommt das oftmals massiv unterschätzte Sparpotenzial, wenn die Elektrotechnik und der Verbrenner einander im kombinierten Einsatz unterstützen.

Zuwachs an Ansteckoptionen

Der subjektive Eindruck beim Querlesen der Autotests in den "Salzburger Nachrichten" täuscht nicht: Das Angebot an Plug-in-Hybriden ist in den letzten Wochen tatsächlich geradezu explodiert. Der Hauptgrund ist jedoch nicht, dass die Autobauer urplötzlich ihre Liebe zum Umweltschutz entdeckt hätten. Vielmehr liegt der massive Zuwachs an Modellen mit Ansteckoption an der Grundsatzentscheidung der Europäischen Union und des Staates Österreich, diese Art des Antriebs als Übergangstechnologie zum reinen Elektroantrieb massiv steuerlich zu bevorzugen und massiv zu fördern.

Nachteileder Hybridtechnik

Für den interessierten Autokäufer hat die Hybridtechnik allerdings zwei wesentliche Nachteile: Einerseits sind die betreffenden Modelle durch die komplexe Technik und den doppelten Antriebsstrang teils empfindlich teurer als konventionelle Verbrenner - wenngleich die Summe aus Benziner, E-Motor und kleinem Akku in den allermeisten Fällen immer noch günstiger kommt als ein reines Elektroauto mit der vielfach größer dimensionierten Batterie. Andererseits hängt der tatsächlich erreichbare Verbrauchsvorteil, wie ihn offizielle Verbrauchsangaben suggerieren, im wahren Leben zu großen Teilen vom tatsächlichen Fahrverhalten ab.

Kovergiert mein Fahrverhalten zu einem Hybridantrieb?

Wer angesichts der bekannten Vorteile konkret über den Kauf eines Plug-in-Hybriden nachdenkt, sollte sich also einige wesentliche Fragen stellen: Kommen die bauartbedingten Vorteile eines Teilzeit-Stromers bei meinem persönlichen Fahrverhalten und Nutzungsmix tatsächlich in voller Stärke zum Tragen? Michael Kocher, beim ÖAMTC Salzburg für technische Innovationen zuständig, weiß darauf die Antwort: "Das perfekte Anwendungsgebiet für Plug-in-Hybride sind die Stadt und das Umland von Ballungsgebieten. Je mehr Stop-and-Go, je mehr Kurven, Bremsmanöver und anschließendes Beschleunigen, desto besser." Man könnte auch sagen: Genau in jenen Bereichen, in denen klassische Verbrenner als besonders verschwenderisch gelten, spielen die Hybride ihre Stärken besonders aus. Der Hintergrund: Das häufige Bremsen begünstigt die Rekuperation, die wiederum die Batterie lädt und somit auch die Reichweite steigert. Im Umkehrschluss sind Plug-in-Hybride für klassische Vielfahrer, die typischerweise jede Woche Hunderte Autobahnkilometer zurücklegen, nur bedingt empfehlenswert. "Bei konstanten Geschwindigkeiten funktioniert die Rückladung nur sehr eingeschränkt. Dazu kommt, dass das zusätzliche Gewicht des elektrischen Antriebs und des Akkus - im Durchschnitt etwa 200 Kilogramm - dann besonders negativ durchschlägt." Last, but not least, bieten Plug-in-Hybride nur vereinzelt Bordladegeräte, die dreiphasiges Laden unterstützen. Aus Kostengründen kann meist nur einphasig geladen werden. Im österreichischen Stromnetz ist das einphasige Laden jedoch mit einer Stromstärke von 16 Ampere begrenzt, was an einer Wallbox maximal 3,6 kW bedeutet - auch, wenn diese bauartbedingt bis zu 11 kW liefern könnte.

Wann empfehlt sich ein Dieselmotor?

An dreiphasigen Wallboxen oder gar Schnellladestationen mit Gleichstrom sind Plug-in-Hybride mit wenigen Ausnahmen also fehl am Platz, weil sie entweder einfach nicht schnell genug laden oder von vornherein kein Gleichstromladen (DC) unterstützt wird. Demzufolge können Langstrecken mangels Schnellladefähigkeiten praktisch ausschließlich mit dem Verbrennungsmotor absolviert werden. "Wer also wirklich viel auf der Autobahn unterwegs ist, für den ist - trotz des schlechten Images - ein moderner Dieselmotor zu empfehlen", so ÖAMTC-Experte Michael Kocher, der im selben Atemzug den Ausschluss moderner Diesel-Hybrid-Modelle aus den österreichischen Elektroförderungen kritisiert. "Auf Basis der Effizienz und der Gesamtbilanz des Schadstoffausstoßes gibt es keinen vernünftigen Grund, warum Diesel-Hybride nicht gleichwertig gefördert werden sollten wie Benzin-Hybride.

Ein massives Ärgernis, über das zahlreiche Fahrer von Plug-in-Hybriden klagen, ist die Abweichung der real erreichbaren rein elektrischen Reichweite von den Werksangaben. Um sich für eine Förderung zu qualifizieren, muss ein Plug-in-Hybrid in Österreich ja mindestens 50 Kilometer rein elektrisch zurücklegen können. Als Basis für diese Angabe gilt wie bei allen werksseitigen Verbrauchs- und Schadstoffangaben die WLTP-Norm. Dass diese einerseits zugunsten der Hersteller schöngerechnet wird, andererseits der zugrunde liegende Fahrzyklus nur wenig mit dem täglichen Einsatzgebiet zu tun hat, war bereits häufig Thema der Berichterstattung in den "Salzburger Nachrichten".

Höhere Anzahl von Ladezyklen

Ein weiterer Aspekt wurde vom Akku-Experten Nikolaus Mayerhofer von der Firma Aviloo angesprochen: Da die Batterien in Hybridmodellen wesentlich kleiner dimensioniert sind als die Stromspeicher in rein elektrischen Fahrzeugen, kommt es aufgrund der geringeren Kapazität während eines Autolebens zwangsläufig zu einer massiv höheren Anzahl von Ladezyklen. Dass die Anzahl der Ladezyklen neben anderen Faktoren einen entscheidenden Anteil an der zu erwartenden Lebensdauer eines modernen Lithium-Ionen-Akkus hat, wird mittlerweile expertenseitig außer Frage gestellt. So ist zu erwarten, dass handelsübliche Pkw-Akkus nach rund 2000 Ladezyklen langsam, aber stetig an Kapazität einbüßen.

Bleibt die Frage: Verkürzen Fahrer von Plug-in-Hybriden, die ihren Akku nach bestem Wissen und Gewissen (und auf Basis der Empfehlung der Hersteller) so oft wie möglich nachladen, sehenden Auges die Lebensdauer ihres Fahrzeugs? Diese Frage beschäftigte auch den ÖAMTC-Experten erstmalig. Trotz intensiver Recherchen befriedigt seine Antwort nur bedingt: "Aus heutiger Sicht gibt es noch zu wenige Erfahrungswerte, was die Standfestigkeit von Akkus in Plug-in-Hybriden angeht. Fest steht allerdings, dass beim oftmaligen Anstecken, wobei die Speicher ja meist nur teilweise geladen werden, keine vollen Ladezyklen zustande kommen." Anders als bei reinen Elektrofahrzeugen ist die Anzahl der Ladevorgänge nicht gleich oder zumindest ähnlich der Anzahl der Ladezyklen für den Akku. Offen bleibt bis auf Weiteres auch die Frage, ob sich das bei Hybriden übliche oftmalige Ausreizen der absoluten Kapazität (also das Aufladen bis 100 Prozent und das oftmalige Leerfahren bis nahe an die null Prozent) langfristig negativ auf die Lebensdauer von Batterien auswirkt.

Bild: SN/öamtc
Ein Plug-in-Hybrid lohnt sich nur dann, wenn genug rekuperiert und so oft wie möglich nachgeladen werden kann.Michael Kocher, Leiter Technische Innovationen, ÖAMTC

KOMMENTARE (0)