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Stellantis: 34 Millionen vernetzte Autos bis 2030

Der Autokonzern Stellantis plant eine Software-Offensive. Vernetzte Fahrzeuge und Abos werden bis 2030 ein wichtiger Teil des Geschäftsmodells.

Die Fahrzeuge des Konzerns Stellantis – wie die Designstudie des Opel Manta – sollen in den kommenden Jahren autonomer fahren können.
Die Fahrzeuge des Konzerns Stellantis – wie die Designstudie des Opel Manta – sollen in den kommenden Jahren autonomer fahren können.

Der Umbau des Mehrmarkenkonzerns Stellantis, zu dem unter anderem Opel, Jeep, Alfa Romeo, Fiat, Peugeot und Citroën gehören, geht munter weiter. Nach der Vorstellung einer milliardenschweren Elektrifizierungsstrategie vor wenigen Monaten, in deren Zuge Traditionsmarken wie Opel oder Peugeot bis Ende des Jahrzehnts zu reinen Elektroauto-Anbietern werden, gab Konzernchef Carlos Tavares diese Woche einen weiteren Ausblick auf die Pläne des aktuell viertgrößten Autobauers.

STLA Brain & OTA

Im Rahmen einer Onlinepräsentation namens "Software Day" kündigte der Stellantis-CEO eine grundlegende Neuordnung der technischen Basis sämtlicher Fahrzeuge des Konzerns an, der weltweit jährlich mehr als acht Millionen Autos absetzt. Die bis dato in den Modellen genutzte elektronische Architektur soll dabei schrittweise in eine offene, software-basierte Plattform überführt werden. Kernstück stellten drei Technologieplattformen dar, die ab 2024 auf den Markt gebracht werden und die auf künstlicher Intelligenz basieren, teilte das Unternehmen mit. Die neue service- und abofähige Architektur mit der Bezeichnung "STLA Brain" soll vollständig cloudbasiert funktionieren und über einen Hochgeschwindigkeits-Datenbus mit den Steuergeräten der Fahrzeuge kommunizieren können. Dadurch soll die bisherige Verbindung von Soft- und Hardware Generationen aufbrechen und es den Software-Entwicklern ermöglichen, neue Features und Dienste unabhängig von der verwendeten Hardware zu entwickeln und zu aktualisieren. Ziel ist es, die Fahrzeuge mittels Over-the-Air-Updates (OTA) binnen kürzester Zeit an die individuellen Bedürfnisse und Wünsche anzupassen. "Unsere Elektrifizierungs- und Software-Strategien werden unseren Wandel hin zu einem führenden nachhaltigen Mobilitäts- Technologieunternehmen unterstützen", so Carlos Tavares. "Wir nutzen das mit OTA-Funktionen und -Diensten verbundene Geschäftswachstum und bieten unseren Kunden das beste Erlebnis."

Dass die Software für Autohersteller ein immer wichtigeres Thema wird, hängt teilweise auch mit der fortschreitenden Elektrifizierung zusammen. Zum einen benötigen Elektroautos eine vielfach leistungsfähigere Software als konventionelle Modelle, um beispielsweise die Batterieleistung zu steuern. Andererseits gelten Themen wie autonomes Fahren, das Entertainment an Bord oder eine verbesserte Navigation als Bereiche, in denen hohe Zusatzeinkommen unabhängig vom Verkauf der Autos möglich sind.

Bild: SN/sn7stellantis
Bis 2030 wollen wir 34 Millionen vernetzte Autos auf der Straße haben.
Carlos Tavares, CEO Stellantis

Aktuell verfügt Stellantis nach eigenen Angaben über zwölf Millionen monetarisierbare vernetzte Fahrzeuge weltweit. Bis 2026 soll diese Zahl auf 26 Millionen Fahrzeuge anwachsen und rund vier Milliarden Euro Umsatz generieren. Bis Ende des Jahrzehnts werden sogar 34 Millionen Fahrzeuge sowie rund 20 Milliarden Euro Umsatz angepeilt. Im Jahr 2021 wurden etwas mehr als sechs Millionen Over-the-Air-Updates bereitgestellt. In den kommenden fünf Jahren sollen vierteljährliche Aktualisierungen zum Standard erhoben werden. Doch nicht nur spezielle Dienste und Abonnements sowie sogenannte On-demand-Funktionen für Privatnutzer, die für einen begrenzten Zeitraum gebucht werden können, auch spezielle Flottendienste sowie ein nutzungsbasiertes Versicherungsprogramm sollen zukünftig für zusätzlichen Cashflow vor allem während der ersten fünf Nutzungsjahre eines Neufahrzeugs sorgen.

Stellantis auf Talentsuche

Ein beträchtlicher Teil des von Carlos Tavares angekündigten 30-Milliarden-Budgets soll aktuellen Plänen zufolge in die Schulung und Akquise von Fachpersonal investiert werden. Im Bereich einer eigenen Software- und Datenakademie sollen demnach mehr als 1000 Ingenieure und Ingenieurinnen umgeschult werden. Zusätzlich hat man vor, weltweit führende Software- und KI-Talente aus der Technologiebranche und anderen Bereichen einzustellen. Bereits 2024 sollen in strategisch positionierten Talent-Hubs in aller Welt 4500 Spezialisten am unternehmenseigenen Software-Ökosystem arbeiten.

Um die angepeilten Ziele zu erreichen, setzt man bei Stellantis aber auch auf strategische Partnerschaften. "Wir wollen nicht alles allein machen", führte Software-Chef Yves Bonnefort im Zuge des Livestreams aus. Neben Kooperationen mit BMW und der auf autonomes Fahren spezialisierten Alphabet-Tochter Waymo wird vor allem die Zusammenarbeit mit dem Halbleiter-Hersteller Foxconn intensiviert. "Gemeinsam mit Foxconn wollen wir vier neue Chipfamilien schaffen, die über 80 Prozent unseres Halbleiterbedarfs abdecken und dabei helfen, unsere Komponenten deutlich zu modernisieren, die Komplexität zu reduzieren und die Lieferketten zu vereinfachen", so Carlos Tavares. Die gezielt für die Autoindustrie entwickelten Chips sollen die Lieferengpässe bei Stellantis lindern und später auch an Drittkunden verkauft werden. Der taiwanesische Hardware- und Software-Gigant, in den vergangenen Jahren vor allem für die Fertigung von Apples iPhone bekannt, baute seine Vormachtstellung in den vergangenen Jahren gezielt in Richtung E-Mobilität aus. Mitte Oktober 2021 stellte der Konzern erstmals eigene Konzepte für Elektroautos unter dem Namen "Foxtron" vor. Ab 2022 möchte Foxconn eigene Autoproduktionslinien in den USA und Thailand aufbauen, bereits 2023 soll die Produktion der ersten Modelle beginnen. Geplant sind neben einem SUV auch eine Limousine und ein leichtes Nutzfahrzeug.